Dienstag, 20. Februar 2018

Die Ehe bei Elsschot


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In Rotterdam schrieb Elsschot "die Ehe", die drastische Beschreibung einer ausgelöschten Ehe, in dem poetische Ornamentalik keinen Platz hat. Erstaunlich, profetisch mit 28! Die Zeile "denn zwischen Traum und Tat steht das Gesetz im Weg' und praktische Probleme", in ihrer sarkastischen Gegenüberstellung von geträumtem Mord und nicht erfolgter Tat, ist eine feste Größe im niederländischen Zitatenschatz. Es ist aber nicht die Frau, sondern der Mann, der als ekelhaft, bedrohlich und feige dargestellt wird. Gottvergessen - eigentlich erstaunlich, dass Elsschot, der nicht gerade ein Kirchengänger war, dieses Attribut benutzt um einen besonders widerlichen Menschen zu beschreiben. Es lässt mich daran zweifeln, ob "er sah die größte Sünde sich in Teufelspflicht verkehren" nur eine ironische Anspielung auf die katholische Morallehre ist. Zumindest kann man sagen, dass man der christlichen Vorstellungswelt nicht leicht entkommt. "O Gott, es gibt keinen Gott" dichtete Multatuli (den Elsschot sehr bewunderte ) im "Gebet des Unwissenden", (Gebed). In Elsschots "Am Totenlager eines Kindes" kehrt diese Spannung wieder. Ich hebe es auf für den nächsten Post.




Willem Elsschot (1882-1960)

1910

Die Ehe

Als er verspürte, wie in der Nebelwand der Zeit
das Leuchten in den Augen seiner Frau nicht mal mehr funzelte,
die Wangen welkten, und die glatte Stirn verrunzelte
da wandte er sich ab und tat sich rasend Leid.

Er fluchte und er tobte, wurde vor Wut verzehrt
und maß sie mit dem Blick, doch konnte nicht begehren,
er sah die größte Sünde sich in Teufelspflicht verkehren
und wie sie zu ihm hoch sah wie ein krankes Pferd.

Doch krank wurde sie nicht, obwohl sein Höllenmund
ihr saugte die Gebeine aus, die weiter mussten tragen.
Zu sprechen traute sie sich nicht, zu fragen oder klagen,
sie zitterte und stand und lebte und blieb gesund.

Er dachte: ich erschlage sie, setze das Haus in Brand.
Ich muss den Schimmel von den steifen Füßen waschen
und waten durch das Wasser, rennen durch heiße Asche    
zu einer and'ren Liebsten in einem and'ren Land.

Erschlagen tat er aber nicht, denn zwischen Traum und Tat
steht das Gesetz im Weg' und praktische Probleme,
und Wehmut auch, die niemand dir kann nehmen,
die vor dem Schlafen kommt, als sich der Abend naht.

Und so verging die Zeit. Den Kindern wurde klar -
sie sahen, dass der Mann, den Vater sie genannt
reglos und stumm am Feuerplatz gebannt,
ein gottverfluchter, grauenhafter Popanz war.

Huwelijk


Übersetzung Jaap Hoepelman, Mai 2017

Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...