Freitag, 25. Februar 2022

Frieden

 

Leo Vroman (1915-2014)


Am 10. Mai 1940 nahm Leo Vroman (1915-2014) ein Taxi von Utrecht, wo er Biologie studierte, via Gouda, wo seine Eltern wohnten, nach Scheveningen. Er flüchtete weiter in einem Segelboot nach England. Von dort ging es nach niederländisch Indien (jetzt Indonesien), wo er nach dem japanischen Übergriff in verschiedenen Lagern interniert wurde. Nach anschließender Zwangsarbeit in Japan führte ihn das Ende des Krieges nach Manila. Als die niederländische Regierung ihn im Rahmen der militärischen Aktionen nach der Befreiung Ost-Indiens zurück nach Indien schicken wollte, hatte Vroman endgültig genug und zog weiter in die USA. Später nahm er die amerikanische Nationalität an. Trotzdem verfasste er Poesie und Prosa meistens auf Niederländisch. Zurück wollte er aber nie: Lieber Heimweh als Holland, schrieb er. Sein Stil versachlichte sich zu einer raffinierten Schlichtheit - insbesondere mit  zunehmendem Alter - , was beileibe nicht heißt, das seine Dichtung ohne Gefühl gewesen wäre. Menschlichkeit, keine Übertreibung, keine Anstellerei und zunehmend alltägliche Umgangssprache, gerade dadurch wirken seine Emotionen. Darüber hinaus verfügte er über eine gute  Portion Witz.
 In New York arbeitete er als Hämatologe und er betrachtete sich selber in erster Linie als Wissenschaftler. Der "Vroman Effektist nach ihm benannt.
Vroman wird als einen der prominentesten Dichter der neueren niederländischen Literatur betrachtet und er wurde mit allen nur denkbaren Auszeichnungen bedacht.
Das Taxi, von dem eingangs die Rede war, tritt in einem seiner bekanntesten Gedichte, "Frieden", auf.


 

Edith Hoepelman. Die Friedenstaube.

Frieden
(1954)

Kommt 'ne Taube, hundert Pfund,
den Olivbaum in den Klauen,
mir zu Ohren mit dem Mund
voller Chöre süßer Frauen,
voller gurrender Berichte
wie der Krieg verschwunden ist
hundertmalige Geschichte:
alle Male weine ich.

Seit ich mich so unvermittelt
in ein Taxi hatt' geschmissen,
dass in der Nacht 
ich hinter mir
ein Loch hatte gerissen,
seit mein sanft betränter Schatz,
schamesrot in ihrem Elend brennend
stehen blieb, so blieb stehen,
 dass
ein Stein ihr ditschte in den Lenden,
bin ich zu dicht im dürren Fell
um in Gebeten aus zu schwitzen,
Falten knetend allenfalls,
und „Frieden“ knirschend, „Frieden, Frieden“.

Liebe ist ein fauler Zauber
kopfloser Wolllustigkeiten,
geht mein Leben ohne
Frieden, gottverdammich, Frieden weiter;
denn der Laut hat mich zerrissen
als ich musste von der Liebsten scheiden
und mich aus dem Bett geschmissen
wo wir manchmal träumen beide,
dass der alte Waffengang nunmehr
wiederkehrt auf filznen Füßen,
dass wir, eigentlich schon nicht mehr
könnend alles, weiter müssen
liegen, rennen, nebenbei
sich schreiend in die Ohren
so verzweifelt, dass wir eben
träumen uns dabei zu hören

Darf ich nicht fluchen, wenn das Feuer
einer Stadt, die längst neu aufgebaut,
lodernd rollt aus dem Gemäuer
und lichterloh den Schlaf mir raubt?
Doch das frischgeschmorte Kind,
abgefackelt, ist es nicht,
das ich furchtbar, furchtbar finde:
es ist die Zeit, wo nichts geschieht
nachdem auf einen Schlag im Haus,
ein Turm zustande kam aus Dreck,
aus längst vergessenem Kellermoder,
bald vergammeltem Inventar
blutroten Flammen und flammend-
rotem Blut, ringsherum die Luft behangen
mit lebendigen Teilen von toten doch
lieben Leuten, die ewige Stille bevor
das erstaunte Kind in dieser Säule
erwürgt wird und die Ärmchen hochstreckt.

Komm heut' Abend mit Geschichte,
wie der Krieg verschwunden ist,
hundertmalige Berichte:
Alle Male weine ich.

Vrede

Übersetzung  J. Hoepelman 2014 

Donnerstag, 10. Februar 2022

Van Maerlant, die Wunder der Natur. Die Tierwelt.

 

       Jacob van Maerlant, um 1230 - 1290

Ausführlicher über van Maerlant habe ich hier. berichtet.
Van Maerlants Text in der "DBNL" findet man hier.
In "Der Naturen Bloeme" blättern kann man hier


Zu Maerlants Zeiten besaßen die aristotelischen Lehrmeinungen höchste Autorität und Maerlants Abhandlung über die Wunder der Tierwelt fängt getreulich mit der Anrufung der aristotelischen Lehre über das Blut und die Gefäße bei den Tieren an. Nach Aristoteles sind die Insekten blutlos und so lehrt es auch van Maerlant. Es wird noch bis Swammerdam dauern, bis man zu einer anderen Auffassung gelangt.


Von den Tieren

Ich will beim Hergebrachten bleiben,
und die Tiernatur beschreiben,
die allen Tieren ist gemein,
danach von jedem Tier allein.
Hat allgemein ein Tier zwei Beine, 
oder vier, oder aber hat es keine,
(die hat Aristoteles im Sinn), 
hat es Gefäße mitsamt Blut darin.
Zwar haben manche Tiere mehr
als vier, die sind jedoch blutleer.
Dass man sich bitte nicht vertut:
Ich sprech' vom Blutgefäß und Blut.
Blut haben Würmer, wie man unschwer sieht,
Gefäße nicht. Das ist der Unterschied.
...
...

Nach einer ausführlichen Auseinandersetzung über die allgemeine Natur der unterschiedlichen Tierarten fängt van Maerlant zu guter Letzt mit A, wie Asinus, der Beschreibung des gewöhnlichen Esels an. Manchmal sind die Beschreibungen etwas länglich, deshalb werde ich mich für jedes Tier auf wenige Abschnitte beschränken, in der Hoffnung, auf diese Weise ausreichend lehrreiches Material für den Leser bereit zu stellen. Ich werde schrittweise vorangehen, die Übersetzungen in Teilen anfertigen  und hin und wieder nach Lust und Laune ins Netz stellen. Die Reime habe ich, wie van Maerlant auch, nach den lateinischen Tiernamen alphabetisch geordnet.


Der Esel

Der Esel im Zeichen des Kreuzes

“Asinus“ heißt “Esel“, wird uns beigebracht,

hässlich ist er, ungeschlacht,

groß der Kopf, die Ohren lang

und sehr langsam ist sein Gang:

Eine halbe, magere Portion.

Am Rücken aber steht das Zeichen der Passion,

weil der Herr uns Demut hat gelehrt

auf dem Eselsrücken, nicht auf einem Pferd.
...
...

 Der Biber

Der Biber bei einer  typischen Tätigkeit

Als Castor ist er auf Latein bekannt,

Biber wird er hier genannt.

Castorium, die Hoden auf Latein,

sind wirksam gegen Zipperlein.

Deswegen wird ihm nachgestellt.

Fühlt er sich zu sehr umstellt,

dann, wahrlich, beißt er diese ab,

dann lassen Jäger von ihm ab.

Jagt man ihn dann später wieder,

legt der Biber sich danieder.

Hier, zeigt er, gibt es nichts zu holen.

Wiederum heißt's bei den Polen,

die Hoden liegen drinnen, wie die Nieren.

Aber können solche Biber sich kastrieren?


Aus van Maerlants Beschreibung des Dachses geht klar hervor, dass auch die heutige alternative Heilkunde mittelalterliches Wissen zu ihrem Vorteil anwenden könnte. Meine Übersetzung konzentriert sich deswegen auf die heilkräftige Seiten des kleinen Raubtiers. 


Der Dachs

Linke und rechte Pfoten eines Dachses sind ungleich lang

Dachs heißt Daxus auf Latein,

vom Dachsenfett wird meine Rede sein.
...
...
Das Fett des Dachses kommt und geht, 

weil's mit dem Mond im Wechsel steht.

Zerlegt man ihn bei Neumond um sein Fett,

so stellt man fest: Fett fehlt komplett.

Dachsenfett gibt wirkungsvolle Salben

für kranke Glieder allenthalben.
...
...
Aesculapius der Weise

empfiehlt den Dachs in dieser Weise:

Mit seinem Fett sind Glieder einzustreichen,

dadurch wird jedes Fieber weichen.

Schambeschwerden werden flugs gemindert,

und durch Hirn, gekocht in Öl, verhindert.

Dachsenblut und Salz auf Glieder aufgetragen

schützen den Mann an dreien Tagen:

Keine Krankheit wird ihn plagen.

Gesottenen Hoden in Honig, hört man sagen,

genommen auf den leeren Magen,

sollte kein verschnupfter Mann entsagen:

Drei Tage krank, und dann, wie immer,

spielt er das Spiel der Frauenzimmer.



Das Elfentier



Elephas heißt Elefant.

Elfentier wird's auch genannt.

Groß und stark ist dieses Tier,

den langen Schnabel sieht man hier.

Den Schnabel braucht der Riese auch,

es geht nicht ohne diesen Schlauch.

Will es fressen oder saufen, dann

käm' es sonst an nichts heran.

Jakob von Vitry, uns wohlbekannt,

sagt wie er kämpft, der Elefant:

Mit dem Schnabel in der Schlacht

hat manchen Feind er totgemacht.


Nicht nur die Biologie des Elefanten ist interessant. In der Heilkunde findet das Elfentier ungeahnte Anwendungen.


Lange Zähne hat das Elfentier


sie stechen raus, so lesen wir.


Krumm und lang 2 Cubitus,


man verbrennt sie gern zu Ruß.


Aus gebranntem Zahn sodann,


macht segensreiches Pulver man,


Medizin, die wertvoll ist und gut, 


Durchfall stoppt und Nasenblut.


Monatsbluten stillt der Zahn im Nu,


Hämorrhoiden macht er zu.


Und hilft einmal die Kur dir  nicht,


trink es mit Saft vom Wegerich.



Wenn es um Moral und Sitte geht, kann der Elefant dem Menschen als Vorbild dienen:



Aristoteles macht klar,

 

ein Elfentierenpaar im Jahr


tut es 2 Mal miteinander,


2 lange Jahre nacheinander.


Dann, in größter Heimlichkeit,


treiben schamhaft sie's zu zweit.


Haben beide sich vereinigt,


wird sich in einem Fluss gereinigt,


damit ein jedes sauber werde.


Erst dann geht es zurück zur Herde.


Die Tiere leben treu zu zweit,


kein Überspiel führt je zum Streit.


O Mensch! Welch höfische Manieren


bei solch plumpen, tumben Tieren!

Sonntag, 6. Februar 2022

Van Maerlant. Die Wunder der Natur. Von fremden Ländern und Menschen.

 



Jacob van Maerlant, um 1230 - 1290

Jakob van Maerlant war der erste Großdichter der niederländischen Literatur. Über 300.000 Zeilen umfassen seine Werke, viele davon geschrieben als Anschauungsmaterial für den jugendlichen Ritter, so z.B. für Floris V, den jungen Sohn des Grafen Willem II (1227-1256), des Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches, der so schmählich in den friesischen Sümpfen erschlagen wurde.
Eines der Hauptwerke van Maerlants ist "Der Naturen Bloeme" - "Die Wunder der Natur", in der in 13 Kapiteln die bekannte Natur beschrieben wird, wie in einem reich bebilderten TerraX. Eine Wikipedia für die Ritterschaft. Die Sprache des Gedichtes (wie auch  seiner sonstigen Dichtungen)  ist Niederländisch und das Werk ist damit das erste der Gattung, das in der Volkssprache und nicht auf Latein geschrieben wurde.

Mit dem ersten Kapitel "Der Naturen Bloeme" erweitern wir mit van Maerlants Hilfe unseren Blick auf fremde Länder und Völker.

Ausführlicher über van Maerlant habe ich hier. berichtet.
Van Maerlants Text in der "DBNL" findet man hier.
In "Der Naturen Bloeme" blättern kann man hier.

Obwohl wir es hier mit Gebrauchspoesie zu tun haben, gibt es genug zu bewundern und zu schmunzeln, insbesondere in der Kombination mit den Illustrationen. Van Maerlant schrieb seine "naturen Bloeme" nach dem Theologen Thomas von Cantimprés De natura rerum. und so dienen die Naturbeschreibungen immer auch ein erzieherisches Ziel: Die Natur ist voll der erstaunlichsten Beweise von Gottes Allmacht und Beispiele von Tugend und Untugend.  Uns, im Jahre 2021, umgeben von treuen Hunden, edlen Pferden und freundlichen Wölfen, kommt das bekannt vor. 

Der Beruf auf Autoritäten gehörte zum werkzeugkasten eines Schriftstellers im Mittelalter. 
Van Maerlant listet eine ganze Reihe auf in der Vorrede zu den "Wundern der Natur" und demonstriert damit  seine Gelehrsamkeit: Plinius,  Solinus, Sankt Ambrosius, Sankt Basilius, Sankt Isidorus,  Jacob von Vitry, Galenus, Palladius, Platearius, Physologus, Lucillus, Piso, Theophrastus, Albertus Magnus, Adelinus, Hiëronymus, Paulus, Antonius, Claudius, Dorotheus, Dyogenus, Dymocritus, Dionysus, Cato, Varrus, Marcus...Die Liste, beschwörend wie ein Geistergesang, ist damit noch lange nicht zu Ende. Ganz oben steht natürlich Aristoteles, der Stagirit, "die Krone der heidnischen Philosophenscharen". Und so beginnt van Maerlant sein Opus mit einem Rückgriff auf Aristoteles und berichtet treuherzig über das Wachstum der Zähne.

1. Vom Menschen

Aus den Schriften ist bekannt
zu der Kreaturen König ist ernannt
der Mensch. Mit ihm also wird Anfang sein.
Schwach und wehrlos ist das Kindelein,
das weder kriechen kann, noch gehen.
Beim Stagiriten kann man sehen,
im siebten Monat erst beginnt
das Zahnwachstum beim Windelkind.
Je wärmer die Milch der Mutter ist,
je schneller wächst das Milchgebiss.
...
...


Van Maerlant arbeitet sich anschließend durch alle Stadien des menschlichen Lebens vor, um bei den menschlichen Wundern der Natur zu enden:


Amazonen


Jakob von Vitry berichtet eloquent 


über ein Gebiet im Orient.


Ein Volk befindet sich im Land,


in vielen Büchern wird's genannt,


das hat wahrlich fremde Sitten.


Von Flüssen wird das Land durchschnitten.


Es ist als Amazonien bekannt.


Nur Frauenzimmer wohnen in dem Land.


Hier gibt es keine Mannspersonen,


es dürfen hier nur Frauen wohnen,


gar mehr als 1000 mal 200 Frauen,


selten, dass sie einen Mann anschauen.


Wenn sie vom Schlachtfeld wiederkehren,


und sammelten als Kriegerinnen Ehren,



dann werden alle sich verneigen


und lassen willig sich besteigen.


Einmal jährlich sind sie so beim Mann.


Empfangen sie ein Kindlein, dann


bleibt ein Knäblein 7 Jahr' am Ort,


dann muss der Bub zum Vater fort.


Die kleinen Mägdlein bleiben bei


der Mutter und die Gegend männerfrei.


Kein Mann darf in dem Landstrich sein:


Sie haben mit den Frauen nichts gemein.



Nackte Weisen


Will man zu den Amazonen reisen,

trifft man das Volk der nackten Weisen.

Ihnen sind die Mächtigen egal,

demütig, nackt und arm sind sie zumal.

In Höhlen harren diese Menschen aus,

kein Weiser baut sich je ein Haus.

Noch Saal, noch Kemenate bauen sie,

Frauen und Kinder sind beim Vieh.

Nie kämpfen sie, nie gibt es Streit.

Es kam einmal, vor langer Zeit,

der große Alexander in ihr Land,

wo er das Volk in Armut fand.

Barmherzig sprach darum der Held:

Fragt was ihr wollt, wie's euch gefällt.

Sie sprachen: Eine Bitte lediglich,

Unsterblichkeit, mehr ist es nicht.

Der Hegemon sprach daraufhin:

 Ich, der ich ein Gewaltiger bin,

hab' keine Gewalt über's ewige Leben,

kein Sterblicher kann euch das geben.

Die Weisen haben dann gefragt:

Warum, wenn Dein Verstand Dir sagt,

 dass Du musst ohne Zweifel sterben,

 bringst Du den Tod nur und Verderben?


Brahmane


Ein weises Volk, das ich beschreiben muss,


gibt es am mächtigen Gangesfluss.


Der Name Brahman wird dem Volk gegeben.


Bemerkenswert, wie diese leben,


denn ist es nicht ein wundersames Ding:


Bevor der Gottessohn den Leib empfing,


schrieben vom Vater und vom Sohn


sie an Iskander, dem großen Hegemon


und ihre Worte wurden offenbart


wie wenn das Christentum gelehret ward.



Selbstverbrenner



Andere Leute wohnen daneben, 


die sehnen sich nach ewigem Leben,


das sicher folgt dem Hier und Heuer,


darum verbrennt man sich im Feuer.



Elternfresser



Und Leute die des Wahnsinns sind,

sie sind wie wir der Eltern Kind.

Wenn diese müde sind und alt

Erschlägt man sie, man macht sie kalt.

Als Festmahl werden sie geschlachtet,

wer das nicht mitmacht, wird verachtet.



Riesen 



In dieser Gegend gibt's ein Land,


für seine Riesen ist's bekannt,


12 Cubitus! Gigantenhaft!



Zwerge



Dem Zwergvolk dort fehlt es an Kraft,


nur klägliche 2 Ellen misst es,


das heißt: 3 Fuß und kleiner ist es.



Frauen, die grauhaarige Kinder gebären



Frauen gibt's dort, hör' ich sagen,


die einmal nur ein Kindlein tragen.


Grauhaarig werden die geboren,


doch das Grauhaar geht verloren,


schwarze sprießen nach den grauen.

 

Frauen mit kurzlebigen Fünflingen 

Im gleichen Landstrich leben Frauen,

die immerzu fünf Kinder gebären.

 Acht Jahre ihre Leben währen.



Ein Volk, das von rohem Fisch lebt



Andere Leute leben dort so:


Sie essen ihre Fische roh,


und trinken aus dem salzigen Meer.



Volk mit verdrehten Händen



Völker gibt es dort vermehrt,


bei denen stehen die Hände verkehrt.


An den Füßen, so wird uns gelehrt,


zählen die Zehen zwei mal vier



Ein Volk mit Hundeköpfen und Krallen



Bei einem Volk, so hören wir,


stehen die Füße falsch herum


(ich zitier' Sankt Hieronimum).


Auch haben wir bei ihm gefunden,


hat es Köpfe wie von Hunden


dazu Krallen, lang und krumm.


Und was werfen sie sich um?


Sie kleiden sich in rohen Fellen.


Ihre Sprache klingt wie Bellen.



Leute mit einem winzigen Mund



Hier gibt es seltsame Gesellen


deren Mund ist winzig klein.


Nur ein Trinkhalm, dünn und fein,


hilft den Leuten überleben.



Menschenfresser



Und ein Volksstamm lebt daneben,


der frisst Menschen, wird gesagt.


Die werden nach Geruch gejagt,


so wie ein Schweißhund jagen muss,


man treibt sie dann an einen Fluss


und erschlägt ihnen den Leib,


egal von wem, ob Mann, ob Weib.



Arismaspi, d.h. Zyklopen



Dann gibt es Leute in dem Land

Die werden Arismaspi genannt

oder Zyklopen auf Latein,

Ein Auge haben die, nur ein,

das durch ein Loch der Stirneshaut

unverwandt nach vorne schaut.


Sonnenschirmfüssler

                                       


 Ein Volk worüber ich berichten muss

ist ausgesprochen schnell zu Fuß,

nicht zwei Füße - ein Fuß allein.

Wollen sie im Schatten sein,

so heben sie das eine Bein

gegen den heißen Sonnenschein

und liegen so im kühlen Schatten

von diesem Fuß, vom großen platten.


Kopflose Inder

                                                 


In Indien, dass ihr's mir glaubt,

da gibt es Leute ohne Haupt.

Die Augen sind im Schlüsselbein.

Zwei Löcher gehen in die Brust hinein

für die Nase und den Mund,

ein Anblick, grässlich wie vom Hund.


Ein Volk, das von Apfelduft lebt



Es wohnen Leute gleich daneben,


die nur vom Duft von Äpfeln leben


und von keiner anderen Speise.


Geht dort einer auf die Reise,


trägt er Äpfel für die Not,


sonst wäre es für ihn der Tod,


umwehte ihn ein böser Hauch.



Wilde Männer mit 6 Fingern



Wilde Männer gibt's dort auch


mit je 6 Fingern an der Hand



Frauen in Silberrüstung



Frauen wohnen in dem Land,


die man vornehm heißen muss.


Sie leben dort in einem Fluss,


darum besitzen sie kein Eisen. Nein,


ihr Rüstzeug muss aus Silber sein.



Frauen mit Bart



In Indiens Tälern gibt's mitunter


Frauen mit Bärten zum Busen herunter,


die als Kleidung Häute tragen.


Sie ernähren sich durch Jagen.


Sie halten Leoparden sich,


Löwen und Tiger fehlen nicht,


die können sie zum Jagen zähmen.



Volk, das am Fluss lebt



Manchmal kann man auch vernehmen,


dass dort Leute, Mann und Weib,


leben ohne Kleid am Leib,


dafür am Körper rau behaart.


Es ist dieser Leute Art,


wenn zu ihnen Fremde gingen


würden sie ins Wasser springen.


Jeder lebt, so wie er leben muss,


und so lebt dieses Volk am Fluss.



Wilde Leute mit Schweinsborsten



Wilde Leute gibt es dort auch heuer


kräftig, groß und ungeheuer.


Sie haben Borsten wie vom Schwein,


vom Büffel könnt' ihr Schnauben sein.



Frauen mit Hundegebiss



In einem Fluss dort wohnen Weiber,


die haben wunderschöne Leiber,


nur leider haben sie im Mund


das Gebiss von einem Hund.



Pygmäen



"Pygmäen" gibt's in diesem Land,


"klein wie die geballte Hand".


Man findet sie in Indiens Bergen.


Drei Jahre dauert's bei den Zwergen,


dann zeugen sie und tragen Kinder.


Das kleinste Volk - es geht nicht minder.


Nach acht Jahren, immer wieder,


ringen sie die Kraniche nieder,


die wollen ernten ohne Säen


die Frucht der Arbeit der Pygmäen.



Leute mit einem Schwanz



Auch gab es Leute in den alten Tagen,


die haben einen Schwanz getragen.



Wilden



Gleichsam im Orient bekannt


wilde Leute in einem wilden Land.


Einst hat man einige gefangen,


und ist unters Volk gegangen.


Ihrem Los sind sie entkommen:


Keine Nahrung haben sie genommen


und verhungert starben sie alsdann.



Männer mit Kerzenaugen



In Indien gibt's manchen Mann,


dessen Aug' strahlt nachts so klar


wie eine Kerze, das ist wahr.



Volk isst nur rohes Fleisch und wilden Honig





Ihre Schönheit preist man sehr,


dieses Volk wohnt nah am Meer.


Alles Fleisch essen sie roh


und saugen Honig ebenso.



Volk mit Januskopf



Diesen Fluss nennt man Brixant,


er fließt in Indien bis ins Land.


Das Volk ist groß in diesem Reich, 


ihre Haut ist mehr als bleich


und ihr Antlitz zweigeteilt.


Wunder habe ich mit Euch geteilt


und getreulich hier beschrieben.


Bände hat man vollgeschrieben


über Wunder an Indiens Gestaden.


Hört zu! Zu mehr will ich Euch laden!



Frauen, die eine Kröte gebären



In Europa gibt's ein Land,


Jakobus von Vitry hat es genannt.


Gebärt dort eine, so sagt sein Bericht,


kriecht zunächst ein Kröterich ans Licht.


Kommt allerdings die Kröte nicht,


kommt kein Kröterich in Sicht,


so sieht man es der Mutter an:


Das Kind ist nicht von ihrem Mann.


Blödsinn und Phantasterei


geistern in der Lombardei.



Alpenländler mit Kropf



Jenseits der Alpen, im Burgunderland


leben viele, es ist wohlbekannt,


die in den Alpentälern wohnen,


und Kröpfe tragen wie Melonen,


diese haben sie am Hals.



Französische Hermaphroditen



In Frankreich gab es jedenfalls,


denn so will es uns erscheinen,


Leute, zeigend zwischen beiden Beinen,


 das Gemächt von Frau und Mann.




Die Zyklopen von Sizilien



Geht man nach Sizilien, dann,


im Wald beim Berg, der brennt,


den man meistens Ätna nennt,


gibt es Leute, die ein Aug' nur tragen


und jeden Baumstamm überragen.


Mit einer Zunge wie ein Schild


sind sie fürchterlich und wild.


Fleisch und Blut sind ihre Nahrung.



Zwergfrau mit Stirnwunde



In Westende, in der Brandung,


wurde eine Frau gefunden,


auf der Stirne trug sie Wunden.


Die Strömung trieb sie an die Küste;


keiner, der Genaueres wüsste.


Purpurfarben war ihr Kleid.


Die Größe aber dieser Maid,


so heißt es, war ein Cubitus,


das heißt eineinhalber Fuß.




Herkules


In der Marge das Schwert des Herkules.



Anders die Größe des Herkules,


von dem nicht blieb der kleinste Rest,


kein anderes Wunder reicht heran,


nichts gibt's, das man vergleichen kann.


Er hat zwar Völker fast vernichtet,


doch hat man Zeichen ihm errichtet.


Siegessäulen stehen im Land


der Spanier, als Denkmale am Strand:


Bis hier hat er das Land bekriegt,


Riesen und Sonne hat der Held besiegt.


Doch Siegesstrecken enden mal,


das Schicksal trifft uns allemal:


 Ein Gifthemd. Schmerzen ungeheuer,


zur Löschung warf er sich ins Feuer,


wo er zu Pulver ist verbrannt.


Seine Länge ist uns nicht bekannt.




Der Teutonenschädel




Sichere Zeichen kann man finden,


dass einem alle Zweifel schwinden.


In Deutschland wohnte ein Gigant,


Teuto wurde er genannt.


Teutschland sagten viele Leute, 


Deutschland heißt das Land noch heute.


In Österreich am Donaustrand,


als Sankt Stephanus bekannt,


liegt ein Ort, der 60 Meter misst,


dort, wo die Gegend wendisch ist.


Wer sich dorthin begeben mag,


findet bis zum heutigen Tag,


Knochen, größer als man glauben kann,


auch einen Schädel findet man.


Albertus Magnus sagt uns sonnenklar,


dass einer es versuchte und fürwahr,


dass in diesen Schädelkasten


Griff und Knauf von zweien Schwertern passten.


Dazu hat Bruder Albert noch belegt,


wurde das Gehilz im Schädel frei bewegt.


Die Zähne waren, wie Albertus fand,


doppelt breit wie eine Hand.














Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...