Mittwoch, 30. September 2020

Slauerhoff: Aussätziger, Verschoppeling, Enjeitado.



Tijd heeft geen vat gekregen op taal Slauerhoff | De ...

Jan Jacob Slauerhoff  (1898-1936)

Slauerhoff, der Poète Maudit, zieht im "O Enjeitado" eine unmittelbare Verbindung 
zwischen der Tristesse des zerfallenden portugiesischen Weltreiches, seiner 
einst grandiosen Hauptstadt und dem eigenen traurigen Verfall:


 O Enjeitado

Ich fühl' mich von innen verderben,
Ich weiß woran ich werde sterben:
An den Ufern des Tejo.
Dass ich an seinem Strand verende,
nichts, das ich traurigschöner fände,
Und am Leben, erhaben und träge.

Mittags geh' ich auf den Prados,
Abends höre ich die Fados,
Ihr Klagen bis tief in die Nacht:
“A vida é imensa tristura” –*
Stets fester wird mit mir verbunden
Das Übel, das mir seine Aufwartung macht.

Die Frauen, die Fische verkaufen,
Die Schatten, die sich besaufen
Am Douro, Hoffnung gibt es keine mehr,
Sie singen genau so verlassen,
In den Echokammern der Gassen,
In der Stille ohne Gegenwehr.

Eine einzelne Stimme hörte ich singen,
Und meine Kälte zur Traurigkeit zwingen:
"Nur meine Klage hat Trost gebracht.
Das Leben verleiht keine Gnade,
Ich habe nur meinen Fado,
Der füllt mir die Leere der Nacht."

Ich fühl' mich von innen verderben,
Hier macht es Sinn zu versterben,
Wo der Schmerz die Wollust gebiert:
Lisboa, einst Stadt der Städte,
Geschichte als Bürde verschleppend,
Wo Zerfall sich als Ruhm geriert.

Auch mich hat der Wahn überkommen;
Auch ich hab' entdeckt und genommen,
Der ich später alles verlor,
Um an des trägen Stromes Saum
Am Grab des grandiosen Traums
Zu sterben: “tudo é dor”.

O Engeitado (aus Soleares 1933) 

J. Slauerhoff - Soleares, 1934 (tweede druk). Nederlandse ...

Übersetzung Jaap Hoepelman Dezember 2019

Slauerhoff wurde in literarischen Kreisen manchmal seine Schlamperei vorgeworfen. 
So steht in der ursprünglichen Version "“A vida é immenso tristura”. Korrekt wäre “A vida é imensa tristura”, wie ich hier "übersetzt" habe. Darf ich, Übersetzer, das? 
Den Dichter muss man respektieren, die Fremdsprache aber auch. 
Slauerhoff scheint es ziemlich egal gewesen zu sein.
 

Slauerhoff: Saudade auf Niederländisch.



slauerhoff scheepsarts - Google zoeken | Slauerhoff J.J ...
Jan Jacob Slauerhoff  (1898-1936)


Fado

Bin ich träge weil ich traurig bin,
Alles vergebens find' und leer
Und auf Erden mir der Sinn
Nach Sonnenschirm und Schatten steht - nicht mehr?

Oder bin ich traurig weil ich träge bin,
Nie gehe in die weite Welt hinein,
Nur Lisboa nah am Tejo hab' im Sinn,
Und könnte dort genau so gut nicht sein,

doch lieber gehe zwecklos in den dunklen Gassen
der Mouraria auf armselige Erkundung?
Dort treff' ich viele, die genau wie ich verlassen,
leben ohne Liebe, Lust und Hoffnung.

Aus Forum, Jaargang 3  (1934)


Vertaling Jaap Hoepelman
Januar 2019


Slauerhoff Gedichte

Slauerhoff: Billet Doux und berauschende Blumen...

J. Slauerhoff - Wikipedia
Slauerhoff und Darja Collin
(1898 - 1936; 1902-1967)

Die nun  folgenden Kleinigkeiten zeigen, dass Slauerhoff sich nicht nur auf Sehnsucht und Verlangen beschränkte, sondern sich sehr wohl auf elegante, amouröse Dichtung verstand. Klein, fein und ein bisschen gemein...Ich konnte leider nicht herausfinden, ob "Billet Doux" und die "Blumen" sich tatsächlich auf Darja Collin beziehen. Collin war Tänzerin. Slauerhoff und sie waren fünf Jahre verheiratet und hatten ein Kind, das sie bald wieder verloren. 

Billet Doux

Ich wollte ein Gedicht auf einem Fächer schreiben,
Sodass du mit den Worten wedeln kannst
Und die Zeilen, möchtest du im Traum verbleiben
Ungerührt zusammenfalten kannst.

Doch mehr noch wollte ich, dass ich sie innen
Drin auf deinem Kleidchen schreiben könnte
So dass zugleich mit Seide oder feinem Linnen
Mit Gedanken ich dich streicheln könnte.

Ich schriebe diesen blöden Wunsch dir nicht
Wäre ein gänzlich irrer mir erfüllt gewesen:
Einmal zu halten in den Armen dich...
Engelsgeduld ist es gewesen.

Billet Doux (aus "verzamelde gedichten", 1947)


Berauschende Blumen

Morgen bringe ich berauschende Blumen dir nach Haus'
ich will nicht länger warten, endlich wissen, wie sieht's aus
bei dir; der Strauß beweist:
Bist du ohne Liebe, welken und trauern sie;
Welkst du vor Verlangen, heftiger duften sie;
Brennst du vor Verlangen, ihre Knospen sprengen sie,
Wie du mit großer Geste dir das Kleid zerreißt.

Jan Jacob Slauerhoff 1930



Übersetzungen Jaap Hoepelman 
Januar 2020



Donnerstag, 24. September 2020

Elsschot: Dichten ohne Schnörkel

 

Alphons Josephus de Ridder,
Pseud. Willem Elsschot 1882 - 1960

Der Flame Alphons Josephus de Ridder (Pseud. Willem Elsschot) gehörte zur gleichen Generation wie Van Ostaijen und Nijhoff. Seine Romane spielen überwiegend in der Geschäfts- und Werbewelt. Mit Werbung hatte er Erfahrung als Mitarbeiter und Redakteur der Zeitschrift "Revue Générale Illustrée de l'Industrie, des Arts et du Commerce", eine typische Werbefalle und so nimmt es nicht Wunder, dass der Betrug ein essentielles Thema in seinen Schriften darstellt. Er wird zu den größten niederländisch-sprachigen Schriftstellern gerechnet und ist Träger des flämischen und des niederländischen Staatspreises für Literatur. Wie bei Van Ostaijen und Nijhoff ist seine Sprache die moderne niederländische Umgangssprache, aber er setzt sie völlig anders ein. Symbolisches Ränkespiel wie bei Nijhoff sucht man hier vergebens. Aber was für eine Sprache. Im Gedicht "Brief" geht es eher rustikalisch zu: Auf die Fresse. Elsschot arbeitete 1908 bis 1911 auf einer Werft in Rotterdam und im "Brief" drückt er eine Wut aus, die ihn 1934 immer noch nicht verlassen hatte. 

Frans Masereel 1929


Brief

Alter Drecksack, mit dem Bart,
dürr im Geist, doch dicht behaart,
der auf uns schaute wie der Spieß,
der die Rekruten zittern ließ.

Ich weiß es noch, verdammtes Tier,
hockst du auch weit weg von hier,
ein Greis, verschanzt in seinen Runzeln
in einem Bunker mit Penunzen.

Dass du Stein hast plattgemacht,
kaum hatte der dir klargemacht,                     
wie du Schätze kannst verdienen
mit dem Bau seiner Maschinen.

Wie du für ein paar Moneten
hast Barends in den Dreck getreten,
wegen Kleingeld in den Miesen
konnte er das Jahr nicht schließen.

Wie dem Lehrling, Haut und Knochen,
von zwei Gulden für zwei Wochen
der halbe Lohn  wurde genommen,
denn er war zu spät gekommen.

Ich weiß es noch, du siehst es richtig,
aber mir ist nicht einsichtig,
wie aus der Untertanenherde
nicht ein Mucks kam, keine Beschwerde.

Hätt' ein Gericht aus unsrer Mitte,
nach abgelehnter Gnadenbitte,
dich mal eben angefasst,
dir eine in das Maul verpasst,

Dir mal kurz den Bart geschoren,
ob mit, ob ohne deine Ohren,
aus dem Beinkleid dich geholt
und dir dann den Arsch versohlt.

Doch ist die Rache aufgeschoben,
sie ist gewiss nicht aufgehoben,
wir können uns auch an dir rächen
ohne dir 's Genick zu brechen.

Denn es kommt die rote Zeit,
wenn der Sklave sich befreit,
noch bevor deinen Kadaver
man verscharrt ohne Palaver.

Du wirst verurteilt, hundert pro,
zum Schrubben von Pissoir und Klo,
dann kannst du weiter spekulieren
über den Wert von Wertpapieren.


 Übersetzung Jaap Hoepelman Fassung September 2020

Mittwoch, 16. September 2020

Van Schagens Kunst ohne Kunst.


        J. C. van Schagen 1891-1985

In einem früheren Blogpost konnte ich den Dichter und Graphiker J. C. van Schagen vorstellen, zu seiner Zeit ein Außenseiter der niederländischen Literatur. Obwohl ein Erfolg beim Leserpublikum, passten seine vordergründig kunstlosen Prosagedichte nicht zum Kanon des offiziellen Literaturbetriebs und er wurde mehr oder weniger beiseite gelassen. In der Nachkriegszeit schätzte man ihn höher ein, wie Buddinghs Kurzgedicht "Wie das Blatt sich wenden kann" zeigt:

Wie das Blatt sich wenden kann
um 1936
lasen wir alle
begeistert und voller Ehrfurcht
Marsman und Slauerhoff
jetzt, dreißig Jahre später,
dreißig Jahre weiser,
halte ich es lieber mit
Noordstar und van Schagen.

(C. Buddingh', Gedichten 1938-1970)

Übersetzung Jaap Hoepelman September 2020

Laut eigener Aussage suchte van Schagen die kunstvolle Form nicht, sondern nahm sie, wenn sie kam, wie sie kam, so wie er das Leben im Sinne Spinozas mit fröhlichem Gleichmut hinnahm. Wobei man, bei genauerem Hinschauen, die Gleichgültigkeit der kunstvollen Form gegenüber mit einem Körnchen Salz nehmen muss. Dazu sind seine Sätze rhythmisch zu raffiniert, seine Wortbedeutungen und der Aufbau der Gedichte zu kunstvoll.

Ich hatte schon lange vor, meine Übersetzungen einiger Gedichte von J. C. van Schagen mit dem Gedicht "Kentern" ab zu runden:


Kentern


Es ist gerufen worden, ich habe verstanden.
Ich war beim Spiel mit Schmuck und bunten Perlen;
Mein Tisch war voller Gold und Seide und glitzernden Steinen;
Mein Haus ein Raum der Kostbarkeit, selten, gewollt,
Warm wie im Orient, und viel war es und prächtig.
Im reichen Dunkel schienen schwere Leuchter. -
Doch jetzt ist gerufen worden, ich komme, und Freude ist und Licht.
Im Garten singt ein Vogel.
Ich gehe jetzt heraus und lasse alles zurück.

Es ist gerufen worden, ich habe verstanden.
Es war ein großes Konzert, tausend Herren mühten sich,
Schwarze Schwalbenschwänze, appretierte Westen, rote Köpfe, Bärte wallten in Ekstasen.
In Staffeln grollten Kontrabässe, es waren süße, kühle Flöten, kupferne Signale,
Blitze und Lanzen, Flaggen und Flammen und Schwärme schmeichelnder Geigen.
Es schwebte ein Schwarm von Düften und Locken von warmen Frauen, munteres Plappern und Weichheit von Haaren.
Es war reich und schön und so kunstvoll.-
Dann wurde leise gewarnt und ich bin aufgestanden.
Draußen stand hoch und ewig die Nacht.
Ich werde ihre Kälte jetzt trinken und versteinern.

Es ist gerufen worden, ich habe verstanden.
Ich war bei der Arbeit an den Aufgaben, ich hatte vieles angefangen.
Es war wohl berechnet, eingeteilt und überlegt.
Es war geordnet und geplant, in Schemen, Zeichnungen und Tabellen, in den Schränken abgelegt und in den Aktenmappen.
Das Material bereit, Fertigungsteile, Konstruktionen, halbfertig und neu angefangen, Programme lagen vor und Skizzen.
Produkte standen fertig aufgereiht.
Eine Agenda gab's für jeden Tag.
Immer wusste ich wie spät es war und was heute zu vollenden sei.
Ich ging methodisch vor, nach bewährtem Muster,
Die Zeit war eingeteilt und eine Klingel verkündete das Ende einer jeden Zeile.
Die Tage waren abgezählt, die Wochen aufgeschichtet und im Voraus vollgebucht,
So regierte ich das Jahr und stopfte es, wie eine Wurst.
Ja, ich war sehr beschäftigt, ich schuftete und schwitzte; vieles scheiterte
An der dumpfen Wirklichkeit, die ohne Regel ist und Form,
Ich musste krabbeln wie die Ameise mit dem Ästchen, sieben Mal den gleichen Klumpen hoch.
Doch mein Gewinn war groß und dick war das Buch der Besitztümer. -
Dann ist kurz geflüstert worden und ich bin gegangen,
Kühle Milde umweht nun meine Schläfe;
Ich liege jetzt entbunden in grenzenloser Ruhe.
Jetzt weiß ich es, ab jetzt gehöre ich einem Werk, das still ist und heimlich,
Das ist von den Bäumen, sich wiegend im Wind, das ist von der Sonne, glitzernd auf dem Fluss,
Das ist vom Regen, rauschend im Gras, das ist von den feuchten Augen der Tiere.
Ich werde jetzt für immer frei sein und alles verlieren.
Ich werde nur wandeln und zuschauen.
Um mich herum sind Zeit und Raum, wie um Gottselber.
Ja, ich werde jetzt wohl nichts mehr fertigstellen.

Aus: van Schagen Narren-Wijsheid 1925


Übersetzung Jaap Hoepelman September 2020



Donnerstag, 3. September 2020

Annie M. G. Schmidt. Das anarchistische Schaf Veronika

 Afl.1: Annie M.G. Schmidt - Een uur Ischa - VPRO

          Annie M. G. Schmidt 1911-1995


Ich hatte schon Gelegenheit zwei Gedichte von Annie M. G. Schmidt vor zu stellen: "Sebastian" und "Einem kleinen Mädchen". Diese reichen aber bei weitem nicht aus um einen Eindruck zu vermitteln ihrer Bedeutung für die Kinderdichtung, insbesondere bei der  Überwindung des Anstandsmuffs der Nachkriegsjahre. Deswegen möchte ich das Schaf Veronika vorstellen:
Zwischen 1950 und 1957 erschien auf der Kinderseite der Zeitung "Het Parool" regelmäßig die Geschichte einer Art WG bestehend aus den beiden Damen Grün, einem evangelischen Pastor und einem sprechenden Schaf. Das ganze hatte leicht absurde, sogar anarchistische Züge: Die Beziehungen zwischen den Personen sind unklar. Der Pastor scheint bei den Damen einzuwohnen (völlig undenkbar in den Fünfzigern), das Schaf ("Veronika") ist sowohl Kind als "Fräulein", ist aber viel klüger als der etwas aufgeblasene Pastor. Die Damen Grün scheinen beschränkt und kleinbürgerlich, machen aber anstandslos bei jedem Wahnsinn mit und sind fähig jedes Abenteuer mithilfe von Esswaren zu einem guten Ende zu bringen. Die Geschichten sind geschrieben in jeweils 5 Vierzeilern in siebenfüßigen Jamben mit gekreuztem Reim, abgeschlossen durch einen Zweizeiler mit Doppelreim. Die Form hat sogar nicht ganz überraschend die Bezeichnung "Schaf Veronika" erhalten.  Annie Schmidt verwendete mühelos gereimte Alltagssprache mit gelegentlichen Ausflügen in anderen Registern. Es waren aber sehr wohl und trotzdem Kindergedichte und als Kind genoss ich den nicht immer verstandenen Spott und die Respektlosigkeit sehr. 
Ich fand beim Aufräumen ein zerfleddertes Exemplar von "Kom, zei het schaap Veronica" 

Wim Bijmoer, een artistieke duizendpoot (2) | Koninklijke ...

und mir kam eine Idee:
Jetzt bin ich selber Opa und vielleicht, ganz vielleicht, hätten die Kleinen in der Familie irgendwann auch Spaß an dem verrückten Schaf, dem Pastor und den Damen Grün? Für deutsche Kinder müsste ich den niederländischen Hintergrund qua "Gefühl" ins deutsche umsetzen. Das wäre doch eine schöne Form der Nostalgie...

Zuerst machen wir die Bekanntschaft mit dem Schaf Veronika. Wir stellen fest, dass die beiden Damen Grün eine gewisse Vorliebe für Süßspeisen haben:

Komm, sprach das Schaf Veronika, wen werd' ich jetzt besuchen,
ich denke mal, die Damen Grün, die mögen süße Sachen,
bei denen gibt es morgens früh bestimmt Kaffee und  Kuchen.
Komm, sprach das Schaf Veronika, ich denk, das werd' ich machen. 

Schau, sprach das Schaf Veronika: Ein Wenig Wollpomade,
das tu ich auf die Löckchen drauf, dann seh ich besser aus
und jetzt noch schnell die Söckchen an, zu spät zu sein wär schade.
Schau, sprach das Schaf Veronika, so kann ich aus dem Haus.

Und Schaf Veronika lief los, die Damen zu besuchen,
sie lief den Lindenweg entlang bis sie die Türe fand,
der Onkel Pastor ließ sie vor zu Kaffeetisch und Kuchen,
dort saßen schon die Damen Grün bei Kaffee und Croissant.

Sieh an! Das Schaf Veronika, das Schaf mit schwarzen Füßen.
Erfreut, sprach Onkel Pastor, sehr erfreut! Und Gott zum Gruß!
Ach, sprach das Schaf Veronika, wie schön Sie zu begrüßen.
Die Damen sagten: Kaffee oder Tee? Vielleicht sogar mit Schuss?

Nun, sprach das Schaf Veronika, dann gerne Tee mit Teilchen, 
die Teilchen sehen so gut aus. Vielleicht darf ich auch tunken?
Das Wetter könnte besser sein, es regnet schon ein Weilchen.
So, sprach das Schaf Veronika, ich habe ausgetrunken.

Auf wiedersehn Herr Pastor, tschüß meine lieben Damen!
Tschüß Fräulein Schaf Veronika, schön dass Sie zu uns kamen.

Übersetzung Jaap Hoepelman 
August 2020

Das Schaf Veronika kommt zurück vom Urlaub am Bodensee und wird von den Damen und dem Pastor vom Zug abgeholt:

Hallöle, sprach Veronika, ein Gruß vom Bodensee,
es war so schön im großen Haus von Onkel Balduin,
ich bin vom Karussell gestürzt, und es tat gar nicht weh,
der Bodensee ist super schön! Sie sollten auch mal hin.

So, so sprachen die Damen Grün, wie war es mit dem Essen?
Und gab es jeden Tag ein Ei? Was reichte man zum Tee?
Moment mal, sprach der Pastor, bevor wir es vergessen,
Was soll das Tier da, in dem Bauer? Auch aus dem Bodensee?

O, sprach das Schaf Veronika, Geschenk von Balduin!
Das ist ein neuer Freund von mir: der Papagei Filou.
Der Pastor sagte: Schönes Kleid, da kommt man nicht umhin,
mir scheint er aber etwas still, den Schnabel hält er zu.

Ein Papagei jedoch, der sagt so Worte, manchmal...
Geschmack und Anstand. Hat er das? Sie wissen was ich mein?
Die Damen Grün erwiderten, wir kennen Balduins Wortwahl
und seine Kreise, meinen wir, sind ausgesprochen fein.

Ja, sprach das Schaf Veronika, Filou spricht sehr gewählt
und das Verhältnis zwischen uns kann eigentlich nicht besser.
Ach, sagten beide Damen Grün, wie schaut er nun beseelt!
Filou tat jetzt den Schnabel auf und sagte: Halt die Fresse.

Komm, sagten nun die Damen Grün, hier ist die Haltestelle.
Zuhause gibt es Bienenstich und Kaffee mit Kamelle.

Übersetzung Jaap Hoepelman, August 2020

Das Kindschaf Veronika, Fräulein Veronika, will manchmal Märchen vorgelesen bekommen. Sie ist aber sehr viel cleverer als der Onkel Pastor, der beim Widerspruch schnell ungehalten wird:

Ach nein, sprach Schaf Veronika, das kann noch gar nicht sein,
ich will noch nicht so früh ins Bett, es ist doch Wochenende.
Doch, sprachen beide Damen Grün: Wir schlafen jetzt schon ein,
die Gutenachtgeschichte noch, dann ist der Tag zu Ende.

Wohlan, sprach Onkel Pastor, was soll es diesmal sein?
Vom Wolf und sieben Geißlein, sprach das Schaf  Veronika.
Die Brille kam aus dem Etui. Der Pastor setzte ein,
von sieben Geißlein, ganz allein. Die Mutter war nicht da:

"Und als sie wieder da war, erschrak die Ziegenmutter,
denn alle Kinder waren weg, es fehlte jede Spur.
Der Wolf war eingebrochen, denn auch Wölfe brauchen Futter,
Ein kleines Geißlein gab es noch, versteckt in einer Uhr"

Geht nicht, sprach Schaf Veronika, wie kann so was passieren...
Kein Zicklein passt in eine Uhr, nicht eines ist so klein.
Geht doch, sprach Onkel Pastor, denn das sind ganz kleine Tiere!
In eine Riesenfriesenuhr, da passt ein Zicklein rein.

Ich kenne, sprach Veronika, mehr als nur eine Geiß.
Die passen nicht in eine Uhr, ich wette, die zerbricht. 
Verdorrie! rief der Pastor, hier steht es, schwarz auf weiss!
Ach geh, sprach Schaf Veronika, die Fakten passen nicht.

Komm, sprachen nun die Damen Grün, das Märchen ist jetzt aus.
's War wunderschön und vielen Dank. Wir geben einen aus.

Übersetzung Jaap Hoepelman 
August 2020



Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...