(1909 - 1998)
Vasalis, Pseudonym von Margaretha Droogleever Fortuyn-Leenmans. Von Beruf Kinderpsychiaterin hat sie in ihrem Leben nur sehr wenig veröffentlicht: Drei Bündel zwischen 1940 und 1954 und noch ein viertes gegen Ende ihres Lebens. Dafür gehören diese zu den am meisten verkauften Dichtbündeln der Niederländischen Literatur und ihre Zeilen gehören zum klassischen Zitatenschatz. Zu den großen Erneuern gehörte sie wohl nicht, dazu sind ihre Gedichte zu Regelkonform. Auch fand ihr erster kreativer Ausbruch gerade vor der Periode der "Fünfziger" statt, eine Gruppe zu der sie qua Hintergrund und Habitus nicht gehören konnte. Sie schien etwas "aus der Zeit gefallen". Dafür können ihre besten Gedichte es mit denen der Fünfziger mindestens aufnehmen. Sie wurde 1974 ausgezeichnet mit dem Constantijn Huyghenspreis und 1982 mit dem P.C. Hooftpreis für Poesie.
Zeit
Mir träumte, dass ich langsam lebte
langsamer, als das älteste Gestein.
Es war entsetzlich, es stürzte auf mich ein
und schoss hinauf, es zuckte oder bebte
was reglos scheint. Ich sah den Trieb mit dem
die Bäume sich nach oben rangen
dieweil sie heiser stockend sangen;
dieweil die Jahreszeiten flogen
schimmernd wie ein Regenbogen...
Des Meeres Tremor konnt' ich sehen, mit dem
es schwillt und hastig schwindet, wie das Zucken
eines großen Schlunds beim Schlucken
und Tag und Nacht von kurzer Dauer
aufflammen und erlöschen: wie ein Funkenschauer.
- Die Verzweiflung und Beredsamkeit
in den Gebärden aller Dinge,
die sonst starr sind und ihr Ringen,
ihren atemlosen, gnadenlosen Streit...
Wie konnt' ich das nicht früher wissen,
war es nicht klar in der Vergangenheit?
Wie tilge ich es je aus meinem Wissen?
Vasalis,
uit Parken en Woestijnen.
Uitgeverij van Oorschot 1940
Vasalis
Übersetzung Jaap Hoepelman 25.09.2018