Freitag, 7. Februar 2020

Reineke Fuchs, oder Van de vos Reynaerde. Die Vollversion.


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Reineke Fuchs
oder
Van de vos Reynaerde
von
Willem die Madocke maecte





Übersetzung Jaap Hoepelman 

Aus dem Mittelniederländischen,  Februar 2020.


"Reineke Fuchs? Den kennen wir doch?" Schon, aber Goethe hatte eine Vorlage: Die Prosa-Übersetzung von Johann Christoph Gottsched einer  flämisch-niederländische Dichtung aus dem 13. Jahrhundert. Diese hatte eine lange Vorgeschichte, zurückreichend bis Äsop. Die flämische Version wurde von einem Autor geschrieben, der sich  "Willem die Madocke maecte"  ("Willem, der Madocke machte“) nannte, der aus Ost-Flandern stammte,  über den ansonsten wenig bekannt ist. Willem gelang eine Kombination von Gesellschaftskritik, Satire, Abenteuergeschichte und Bubenstück. Reynaert zeigt in "Van de vos Reynaerde" nicht die Spur der moralischen Makellosigkeit, welche ordentlichen Helden anhaftet. Er war ein Betrüger, Sadist, Räuber, Schänder, Lügner... Seine Opfer waren nicht besser, nur dümmer, verschwiemelter, frömmelnder, habgieriger und verlogener. Für die vielgeplagten Zeitgenossen Willems muss es ein Genuss gewesen sein, dass alle, aber wirklich alle ihr Fett abbekamen. Man sollte sich aber nicht erschrecken: Der „Reynaert“ ist ausgesprochen drastisch. Auch enthält die Geschichte manche psychologische Details, die uns bekannt vorkommen, z.B. wenn Reynaert als Begründung für seine viele Missetaten gefühlvoll an seine Jugend referiert. Wenn es um Reynaert als Vater geht, gelingt es Willem sogar, eine gewisse Sympathie zu wecken, wenn Reynaert sich mit Grimbeert Dachs zum Hof begeben muss, wo ihm ein unsicheres Schicksal wartet:

Du, hör' mir zu, Frau Hermeline!
Du kümmerst dich um Reynaerdin,
sein Bärtchen wächst zurzeit so prächtig.
In seinem Alter war ich auch so schmächtig!
Und um den kleinen Rothaar, um den kleinen Dieb,
ich hab' den kleinen Gauner lieb,
wie man ein Kind nur lieben kann.

Der Text ist überraschend modern in seinem Sarkasmus ohne aufgesetzte Kunstfertigkeit. Ich hatte so viel Spaß daran, dass ich mich entschied, das ganze Epos zu übersetzen. Dazu habe ich die folgenden Quellen zu Rate gezogen: Die Übersetzung in das heutige Niederländisch des Walter Verniers[i], Hubert Slings annotierte Ausgabe[ii], Lulofs Ausgabe[iii], die annotierte Ausgabe des DBNL  (digitale bibliotheek voor de Nederlandse letteren)[iv]  und ab und zu die Fassung des geheimen Rates[v] .
Die älteste vollständig erhaltene Quelle ist die „Comburger Handschrift“[vi]  in der Württembergischen Landesbibliothek  Stuttgart.

Link zur Übersetzung bei Amazon.




I

Der Hoftag

De Middel-Nederlandse Reinaert-verhalen in toegankelijke ...

Es war Pfingsten und zum Dank,
dass der Geist heruntersank
stand der Lenz in voller Blüte,
die Schwalben zeigten sich; es grünte
allenthalben. König Nobel nutzte die Gelegenheit
zu zeigen sich in seiner Wichtigkeit.
Also erging der bindende
Befehl sich unverweilt am Hofe einzufinden,
und alle Tiere, groß und klein,
trafen sich zum Hoftag ein.
Reynaert Fuchs hatte verzichtet,
viel Böses wurde über ihn berichtet,
es wär' wohl schlauer, meinte Reyn
am Hoftag nicht dabei zu sein.
Tatsächlich wurde sonnenklar,
dass außer Grimbeert keiner war,
der nicht haderte mit Reynaert,
dem Halunken mit dem Graubart.
Den Anfang machte Isengrim.
Er hatte Grund für seinen Grimm!
„Sire, Ihro Majestät!
Kein Unrecht, das vor Ihrem Blick besteht,
kein Tort, wie uns von Reynaert angetan.
Was hat er meiner Frau getan,
und mich verdroschen und verhöhnt nicht minder!
Schlimmer noch! Was tat er meinen Kindern?!
Er tat was unverzeihlich ist:
Im Schlaf hat er sie vollgepisst.
Stockblind seitdem das erste Kind,
das zweite, und das dritte, Sire: Blind!
Das hat ihm aber nicht gereicht,
mich hat er gleichfalls abgeseicht:
Als endlich sich der Lump bereit
erklärt zur Schlichtung unsrer Streitigkeit,
da war der Tag schon längst verstrichen,
und hat er sich davon geschlichen.
Alle Barone, hier vor Ort,
können es bezeugen, Wort für Wort.
Alle Tücher, hergestellt in Gent,
würden nicht reichen. Kein Pergament
kann fassen, was er hat getrieben,
ließ man die Hälfte ungeschrieben.
Die meisten seiner Schweinereien
könnte ich ihm noch verzeihen,
doch die Gewalt an meinem Weibe
kann nicht ohne Rache bleiben!"
Die Beschwerde war kaum abgeschlossen,
schon kam Courtois herbeigeschossen.
Der Mops beklagte en français das Schicksal,
das ihm, dem armen Hund, nicht mal
un petit morceau de la saucisse
in aller Ruhe fressen ließ,
nichts blieb Courtois von diesem ´appen
weil salopard Renard! es konnte schnappen!
"Und dies, bedenken Majesté,
im Winter war, bei Frost und Schnee!"
Jetzt aber, aufgebracht, im Zorn
schleicht Kater Tybeert sich nach vorn.
"Nicht nur Majestät allein
hat Gründe, außer sich zu sein.
Niemand hier in diesem Rund
hat zu klagen keinen Grund.
Doch Courtois erstaunt mich sehr -
die Würstchen - das ist lange her.
Zudem, sie waren gar nicht seine,
Majestät, die Würstchen waren meine!
Ich war es in der Mühle, ich
als ich mich zu den Würstchen schlich!
Alle Würstchen habe ich gefressen,
Courtois hat nie ein einziges besessen.
Keinen Grund also zu klagen,
möge Majestät die Klage niederschlagen!"
Pancer, der Biber, wiederum
sprach "Majestät, ich frage mich, warum
lässt man ihn laufen, diesen Mörder und Halunken!
Was hat er nicht erlogen und erstunken!
Meine Herren! Majestät! auch Sie
düpiert er für ein Federvieh!
Dem Hasen Cuwaert - neben mir -,
hört was Reynaert tat dem tadellosen Tier.
Cuwaert hat sich nämlich ernsthaft vor-
genommen Kapellan zu werden. Chor-
gesang gehört dazu. Fleißig übte er vokal
das Kredo, doch mit einem Mal,
beim „homo factus“, hört die Messe auf.

Opdrachten Middeleeuwen blok 3

Ich beschleunigte den Lauf
und sah, wie Reynaert mit dem kleinen,
festgeklemmt zwischen den Beinen,
sich an des Hasen Kopf und Kragen macht,
fast hätte er ihn umgebracht,
wenn ich nicht, Sire Majestät,
- dank Gott, es war noch nicht zu spät -,
entschlossen eingeschritten wäre
zu beenden diese fromme Lehre.
Edle Herren! Wie ist er  versehrt!
Wie stehen Kopf und Hals verkehrt!
Offensichtlich ist dem Dieb
nicht mal des Königs Frieden lieb!
Wer dieses duldet, gibt dem Gelächter
sich preis der kommenden Geschlechter."
"Ich pflichte dem Gesagten bei!"
- Isengrim trat wieder aus der Reih‘ -,
"Unter den Soden sollte man ihn legen.
Für alle hier wär' das ein Segen,
denn verzeihen wir ihm heute,
macht er morgen uns zur Beute."
Doch Grimbeert Dachs, der nicht verknuste
was er vom Oheim hören musste,
trat auf als Reynaerts Advokat.
Ein Sprüchlein hatte er parat:
„'Feindes Mund,
tut Falsches kund!':
Wieso steht Isengrims Gelichter
nicht als erstes vor dem Richter?
Doch anzuschwärzen ist nicht Kunst,
wenn man steht in Königs Gunst.
Was, Isengrim, sagt dein Gewissen?
Hast du Reynaert nicht gebissen?"
" Wie gemein kann eine Lüge sein!
Hast du das vom Oheim Reyn?"
"Nein, Isgrim, es ist alles wahr,
du warst der Täter, das ist klar!
Wer, vom Karren voller Fischen
warf die Schollen und die Klieschen?
Er war's! Und wer sammelte sie alle,
als sie in den Staub gefallen?
Du! Wer fraß sie alle in sich,
und ließ für ihn nur Gräten übrig?
Du! Dazu am Strick die Seite Speck?
Ein Happen und der Speck war weg!
Vergessen? Und als Reyn dich fragt dabei,
ob etwas für ihn übrig sei,
da höhntest du: 'Hier ist der Strick,
doch Vorsicht, Fett macht dick!'
Dazu noch wurde er gefangen
im Sack und musste lange bangen!
Ein ganzer Tag ging damit hin,
durch deine Schuld, Wolf Isengrim!
Aber leider ist mitnichten
dies das Ende der Geschichte.
Es heult der treue Ehemann:
„Meine Frau nahm Reynaert ran!“.
Mindestens sind‘s sieben Jahre,
dass die zwei sich öfters paaren.
Durch ihre geile Lust getrieben
sind sie einander treu geblieben.
Was ist dabei? Eine Begattung! -
das Gegenteil einer Bestattung!
Und Cuwaert, der sich dreist beschwert,
dass Reynaert ihn für umme lehrt!
Dann und wann, als milde Korrektur, 
kasteit er liebevoll den Nager nur!
Manchmal wird, auch wenn’s nicht kracht,
der Furz zum Donnerschlag gemacht!
Und dann Courtois und die Saucisse,
die aber Reynaert seine ieße!
Die Klage folglich ohne Gegenstand!
Wo geht es hin mit diesem Land?
Der Mops, noch nicht einmal Jurist,
erklärt, dass mopsen Sünde ist?!
Doch edle Herren beieinand,
längst ist es nicht mehr relevant,
denn Reynaert trägt ein haaren Kleid,
seit  Frieden und Gerechtigkeit
per Gesetz in Wirkung traten.
Deshalb - die erste seiner  Taten -
ist Reyn in eine Klause eingetreten,
wo seine Zeit vergeht mit beten.
Ja, die tägliche Kasteiung
ist für den Sünder wie Befreiung.
Aus Bußetuung schöpft er Kraft
isst Hirsebrei, trinkt Wurzelsaft.
Manpertus, seine Burg, hat er begeben.
Mager, bleich und fleischlos will er leben.
Sündenfreiheit  hofft er zu erreichen
und alle Schäden auszugleichen.

illustratie

Grimbeert wollte just den Schluss erreichen,
da sah man einen Zug vom Hang herunter steigen,
vorne Canteclair, dahinter Coppe ohne Kopf.
Reyn hatte sie bei Kopf und Kropf
gepackt und alles abgebissen.
Dies ungeheure Sakrileg musste der König wissen.
Canteclair, breit  schreitend von den Hügeln,
schlug langsam mit den beiden Flügeln.
Zur Linken und zur Rechten kam geschritten
die Vertretung aus der Sippe.
Cantaert ging links, und rechts befand
in voller Pracht sich Hahn Crayant,
der schönste Hahn im Flandernland.
  Sie trugen Leuchten, derer Licht
zeigte den Weg zum Hofgericht.
Coppes Brüder, Pinte und Sprot,
waren Träger; sie beklagten Coppes Tod:
"Weh! Schwester Coppe! Unvergesslich!
Unser Schmerz ist unermesslich!"
Ja, so entsetzlich war ihr Leid,
ihr Krähen hallte meilenweit.
Beim Hoftag endlich angekommen,
wurde von Canteclair vernommen:
"Preise Gott und die Barmherzigkeit!
Mein und meiner Sippe Leid
ist unermesslich! Ich flehe untertänigst
ob Ihro Majestät nicht wenigstens
die grauenhaftesten Verbrechen,
meuchlings an uns getan, will rächen?
Es war April und die Natur war neu erwacht,
der Frühling kam mit Blütenpracht,
die Schar wuchs auf; der Söhne acht,
der Töchter waren's geschätzte sieben.
Wie viele Spiele haben sie getrieben!
Bebrütet hat sie Henne Rode,
wie kunstvoll kratzte sie am Boden!
Sie waren stramm, gesund und rund;
und ihr Zuhause war ein Grund-
stück, geschützt mit einer Mauer,
kein Räuber lag hier auf der Lauer,
denn wurde einer zu begehrlich,
so wurde es für ihn gefährlich:
Im Schuppen hausten scharfe Bracken,
abgerichtet Räuberfleisch zu packen.
Die kleinen scharrten also unbesorgt.
Doch ach! Die Zeit war nur geborgt!
Denn Reynaerts Neid auf unser Leben
wollte keine Ruhe geben.
So strich er ohne Unterlass
umher. An der Mauer abgepasst,
wurde er im Graben rangenommen.
Er konnte aber heil entkommen!
Zwei Wochen ließ er uns in Frieden,
mehr war uns leider nicht beschieden.

 The Tobacco Pipe Artistory: Reineke Fuchs and Meerschaum Pipes

Wenig später stand er draußen
wie ein reuevoller Klausner,
mit einem Siegelstück, das sagte,
dass es Majestät behagte,
dass alle Tiere aller Arten
treu des Königs Frieden wahrten.
Dazu noch führt der Schurke aus,
dass er wohnt in einer Klause,
sich mit Regelmaß kasteit
für seiner Seele Seligkeit.
Pilgerstab und Kutte fromm dabei
aus Langaerde, der Abtei,
und ein haaren Büßerkleid.
'Canteclair, von Sorgen sei befreit,
auf der Kasel habe ich geschworen:
Nichts haben Fleisch und Schmalz verloren
in meinem Alter und ich bete, alldieweil,
es geht jetzt um mein Seelenheil.
Vesper, Non und Prim hab' ich zu sagen
jede Stunde, alle Tage.'
Er spricht den Segen über mich
und setzt mit frommer Miene sich
zum Beten. Frohgemut ließ ich die Kinder
scharren. Diese freuten sich nicht minder!
Bald hat das Beten er gelassen,
um uns draußen abzupassen.
Ich konnte leider nicht verhindern,
dass er das kleinste von den Kindern
hat gerissen. Er war wie im Delirium.
Der Anfang des Martyriums!
Er war auf den Geschmack gekommen,
mehr und mehr hat er genommen!
Nicht länger halfen uns die Bracken,
er konnte viele Küken packen,
bis von der ganzen Kinderschar
nur eine Vierzahl übrig war.
Gestern noch hat mit den Hunden
die Hatz auf Reynaert stattgefunden,
Coppe zu retten mit großem Aufgebot!
Zu spät! Sie war schon steif und tot!
Erbarmt Euch über uns, o Herr,
fleht Euch ergebenst Canteclair!"
"Das nennst du, Grimbeert, ehrenwert?
Elf Küken hat der Strolch verzehrt!
Henne Coppe hat er uns genommen,
 das wird ihm sehr, sehr teuer kommen!
Doch dazu ist jetzt nicht die Zeit,
zur Stunde passt Besinnlichkeit.
Wir konnten Coppes Zeit nur borgen,
Gottvater wird für ihre Seele sorgen.
Ich befehle, dass für Coppe nun erklinge
die Vigilie. Fanget an zu singen!

 Reynaert in tweevoud. Deel 1. Van den vos Reynaerde · dbnl

Sodann erwarten wir den Rat,
wie man bestraft ihn für die Tat."
Nun fing der Hofstaat an mit "do"
des "Placebo Domino".
Alle Verse mit Responsen, alle Texte zum Geleit,
leider reicht uns nicht die Zeit.
    Bei der Linde, tief bewegt,
wurde Coppe abgelegt.
In ein Grab ließ man sie ein,
darauf ein weißer Marmorstein,
auf dem, in schönster Antiqua,
legte man ihr Schicksal dar:
'Hier liegt begraben Henne Coppe,
  beim Kratzen war sie nicht zu toppen.
Reynaert hat den Mord verrichtet,
die Hühnersippe fast vernichtet.'
Als Coppe in der Erde war
rief Nobel die Beraterschar,
damit der Rat wurde besprechen
gerechte Strafe für‘s Verbrechen.
Nach gründlicher Deliberatio
kam man zur Conclusio,
den Fuchs zum Hoftag zu zitieren
wohl oder übel, ohne Zeitverlieren.
Der Hofrat meinte allgemein:
Braun Bär solle der Bote sein,
und ein Befehl wurde erlassen,
dass sich damit der Bär befasse.
"Doch diese Warnung merk‘ dir gut:
Vor Reynaert sei wohl auf der Hut!
Du weißt doch, dass er Streiche tut!
Er fleht, er lügt, er schwört beim Blut,
Wenn's ihm gelingt, das sei dir klar,
stehst du wie Narr und Blödbär da."
"Majestät, ich danke für die Predigt,
doch dieser Fuchs ist fast erledigt.
Der spielt bald keine Streiche mehr,
ich bin ja nicht umsonst ein Bär!"

Tiecelijn. Jaargang 7 · dbnl



II

Erste Vorladung

So machte Braun sich auf die Socken
um Reynaert Saures einzubrocken.
  Er stapfte unerschrocken, der Wald war bald vorbei.
Der Weg verlief in einer Wüstenei
von falschen Spuren, toten Ecken,
raffiniertesten Verstecken.
Dann kam ein langer, steiler Abhang,
nur über den gelang der Zugang.
Überall versteckte Vesten, 
Burg Manpertus war am besten,
weil sie leicht zu schützen war
gegen Angriff und Gefahr.
Diesen Weg hat Braun genommen.
Bei Manpertus angekommen,
ist er zur Pforte vorgegangen,
um den Schlossherrn abzufangen.
Vorne bei der Festungsschanze,
sitzend auf dem Bärenschwanze,
rief er: "Reyn, du bist zu Haus.
Hör zu, komm' du sofort heraus.
Bei Gott, der König hat geschworen,
dass ich dich von den Toren
von Manpertus bringe vors Gericht;
sonst man dir alle Knochen bricht
und flicht aufs Rad. Ich tu nur meine Pflicht
und rate: Widersetz' dich nicht!"
Entspannt lag Reynaert hinterm Tor.
Er sonnte sich. Er hatte gar nicht vor,
dem längst erkannten braunen Tor
zu folgen. Da sei die Schläue vor!
Er stieg also in sein Verlies,
damit man ihn sich überlegen ließ',
wie an dem Fresssack Rache zu begehen,
und dabei  sauber auszusehen.
Nach einer Weile dann erschien er
und sagte honigsüß zum Braunbär:
"Gevatter Bär, ich schätze deinen Rat,
jedoch, wer immer dich beraten hat,
der hat sich ohne Scham erdreistet
und einen Bärendienst geleistet.
Entbehrung leiden und sich Mühe geben?
Zum Hofe würd‘ ich mich begeben!
Sofort! Nur dieser Schmerz! Im Bauch!!
Mein lieber Freund, kennst du das auch?
Von diesem Zeug gegessen hab' ich,
sitzen, stehen, gehen geht nicht.
Mein Freund, ich bin zum Bersten voll, so dass...."
"Reynaert, gegessen hast du...was?"
"Gevatter, übelst war die Ware,
was muss man alles aufbewahren!
Ich habe frischen Seim genommen,
er ist mir gar nicht gut bekommen!
Ich habe dieses Zeug in Massen,
ach, hätte ich es bleiben lassen!
Honigseim, sagt man, lass sein,
er bringt dir Leibeskrampf und Pein!"
Braun traute seinen Ohren nicht,
die Rede war vom Leibgericht!
"Reynaert! Du hast Honig aufgeschichtet
und mir darüber nicht berichtet?
Honig! Meine Lieblingsspeise,
die Speise, die ich über alles preise!
Reynaert!! Hilf mir Honig zu erhalten,
ich will dich lieben und in Ehren halten!
Ohne ihn kann sich kein Bär entfalten!"
"Honig? Du? Willst mich zum Narren halten?!"
" Reyn, ich will dich nicht verarschen, ehrlich.
Honig ist für Bären unentbehrlich!"
"Braun", sprach Reynaert, "wenn du ehrlich bist -
hier gibt es Honig, den nur keiner frisst,
Ein Dutzend Bären kann ihn nicht verdrücken,
auch dir wird es bestimmt nicht glücken.
Doch wenn‘s dir eine Freude macht...
so hab' ich manchen Freund gemacht"
"Ein Dutzend Bären? Übertreibe nicht so doll!
Doch wenn ich allen Honig fressen soll
von Portugal bis hier, auf einen Schlag,
 ich tät‘ es, weil ich Honig ohne Grenzen mag."
"Werter Bär, wie gut das du das sagst.
Für sieben Jahre Honig, mehr als du fressen magst,
hat Lamfroit angelegt, quasi für dich.
Ich zeige wo, sprichst du ein Wörtchen vor Gericht."
 Der Bär zog nun sein ehrlichstes Gesicht:
Genau genommen bräuchte er es nicht.
Man weiß doch, dass es Honig in sich hat,
ein Happen und ein Bär ist satt.
Richtig wichtig sei doch nur: Ein
treuer Freund und guter Kamerad zu sein.
Reynaert hörte schmunzelnd zu:
"Freund und Kamerad! Du
kannst dich glücklich sagen!
Ich müsste sieben Fässer tragen,
wenn Gott bescherte mich wie dich."
Der Bär geriet nun vollends außer sich,
und er bekam sich kaum noch ein.
Während dessen dachte Reyn:
"Warte nur, du blöder Bär,
du freust dich bald gewiss noch mehr!"
Dann öffnete der Fuchs das Tor
und trug seine Begrüßung vor:
"Gevatter Bär! Sei mir willkommen!
Spät kommst du, doch du bist gekommen!
Zu warten hier macht keinen Sinn,
gestatte mir, dass ich dein Führer bin.
Wir folgen diesem krummen Pfad
und wenn du hörst auf meinen Rat,
bekommst du mehr als du kannst tragen.
Vertragen? Wer kann das schon sagen."
Natürlich meinte Reyn verhauen,
doch Braun gehört nicht zu den Schlauen.
Füchsen kann man nicht vertrauen,
oder sollte  keinen Honig klauen.
Nach einer kleinen Viertelstunde
hat man Lamfroits Hof gefunden.
Lamfroit war ein Zimmermann,
Gildemitglied, einer, der was kann.
In seinem Hof lag eine Eiche.
Mittels Keilen wollte er erreichen,
dass der Baum sich spaltete entzwei,
wie üblich in der Zimmerei.
Für die Spaltung fehlte nicht mehr viel,
was dem Fuchs hervorragend gefiel.
"Onkel Bär, schau her! So schau doch, Onkel Bär!,
in deinem Lebtag wirst du nie mehr
eine solche Menge Honig sehen!
Weiter musst du gar nicht gehen,
und diesen vollen Honigtopf
bekommst du in den Bauch gestopft.
Doch Vorsicht! Iss von Waben
nur mit Maßen! 'Wer sich will mit Waben laben,
macht zur Beute sich der Raben' -
Das Sprichwort kennst du sicherlich!
Unverzeihlich wär’s für mich,
wenn an dieser Futterstätte
Gevatter Bär sich überfressen hätte".
"Halt endlich deine Schnauze! Sonst verlier‘
ich die Geduld. 'In Maßen immer' - Mein Panier!"
"Recht hast du", meinte Reynaert, "ich
bin doch so verzagt! Nichts kann dich
halten! Mutig vorwärts in die Spalte!"
(Reyn konnte kaum noch an sich halten.)

illustratie
  
Braun hatte den Verstand verloren.
Er kroch hinein bis über beide Ohren
zusammen mit den Bärentatzen,
zu gerne wollt' er Honig schmatzen.
Darauf hatte Reyn gewartet! Gleich
machte er die Keile aus der Eiche
und die Federkraft der Spalte
schnappte zu. Es war nicht auszuhalten.
Der Onkel beim Familientreffen
 ward festgeklemmt von seinem Neffen.
Weder Schlauheit, noch Gewalt
konnte ihn retten aus dem Spalt.
Kraft hatte Braun, Verwegenheit,
doch bei der Gelegenheit
waren die Schmerzen ungeheuer,
guter Rat war mehr als teuer.
Sogar dem Bären wurde klar,
wie gnadenlos er abgezogen war.
Kopf und Tatzen, viel vom Rest
saßen unverrückbar fest.
In dieser hoffnungslosen Lage
fing er zu heulen an und klagen.
Mit Axt und Hacke kreuzte Lamfroit auf
und Reynaert setzte einen drauf:
"Wenn beim Speisen fehlt der Wein,
schenkt Lamfroit dir ein Okshoft ein!"
Nun war es Sache, sich davon zu machen
um sich mal gründlich schlapp zu lachen.
Lamfroit, den Bären fest im Blick,
verlor nicht einen Augenblick.
Er sammelte ein Bauernheer,
scharf auf das Fell vom Onkel Bär.
Mann und Weib mit Besen, Flegel,
Stock und Rechen, Kind und Kegel -
wer einen Bären kann entleiben,
will nicht bei der Arbeit bleiben.
Der Pfarrer kam mit einem Kreuzstab,
den der Küster ungern hergab.
Dieser hatte eine Stange,
gut um kräftig hin zu langen.
Auch die Pfarrfrau, Frau Julocke,
beeilte sich mit Spille und mit Rocken.
Trabend führte Lamfroit die Abteilung
mit einem Beil zur Bärzerteilung.
Braun, mit eingeklemmtem Kopf,
verspürte: Es steht Spitz auf Knopf.
Entweder mache ich mich frei,
oder es ist bald vorbei.
Er riss und zerrte mit Gewalt,
und er befreite sich. Doch halt!
Zwar war der Kopf nicht eingeklemmt,
Backen und Ohren, wie ein Wendehemd,
waren geblieben in der Spalte.
Es schmerzte teuflisch! Die gehäutete Gestalt
war zwar der Hölle fast entsprungen,
die Befreiung war noch nicht gelungen.
Wollte Braun den Stamm verlassen,
musste er die Tatzen lassen.
Mit einem Reißen, krank und trocken,
ließ Braun die Schuhe und die Socken,
wie Wäsche aufgehängt im Klammerholz.
Unendlich war der Schmerz. Sein Stolz
war schlimmer noch verletzt. Es sei wie's sei -
Braun Bär war endlich, endlich frei.
Einerlei, der Schmerz war unerträglich.
Bleiben, flüchten? Der Bär saß unbeweglich.
Blut klebte ihm die Augen dicht,
doch sah er, wie im Gegenlicht
der ganze Pulk kam angerannt.
Lamfroit hat er gleich erkannt,
der Pfarrer mit dem Kreuz behangen,
der Küster mit der Fahnenstange,
die Parochie, alte, junge,
ganz zum Schluss die alte Muhme,
wütend wedelnd mit den Krücken,
mit wenig Zahn und vielen Lücken.
Dies ist, was der Fall uns lehrt:
Läuft die Sache mal verkehrt,
sitzt du unten in der Scheiße,
wird man Unrat auf dich schmeißen.
Wer machte mit beim Festival?
Ein Haufen, der auf keinen Fall
so tapfer aufgetreten wär‘,
wäre Braun der alte Bär.
Braun war rundherum umstellt
von einer Menge, jeder jetzt ein Held.
Lamfroits Hof war abgeriegelt
von einem Fluss. Brauns Schicksal schien besiegelt.

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Gedroschen wurde und geschossen,
Der Zimmermann war wild entschlossen.
Schuster Lankfuss stach von vorn
nach den Augen, mit dem Dorn.
Fräulein Magin stach ihm in die Nieren,
sein Wasser musste er verlieren.
Herr Grienling und Frau Vanderboden
kämpften um die Bärenhoden.
Ludmoor mit der langen Nase
schwang den Dreschflegel wie rasend
und keilte wie ein Wilder um sich.
Auch klein Ludolf war nicht kleinlich,
der wollte immer bei den großen sein.
Man sagte, Hugo mit dem krummen Bein
 sei sein Vater. Und Maman Augerne 
pflegte Kerzen in den  Kirchlaternen.
Die Menge stach und schlug mit großer Wut,
es flossen Mengen Bärenblut.
Der Pastor wollte Satanas vertreiben,
das Kreuz als Prügel um ihn auszutreiben.
Der Küster schlug ihn auf den Leib,
es war ein frommer Zeitvertreib.
Lamfroit, mit der Axt zum Hacken,
schlug ihn heftig auf den Nacken.
Braun wankte, bis er sich befand
inmitten einer Gruppe, die am Ufer stand
des Flusses, schnell und tief,
die kreischend in das Wasser lief.
Frau Pfäffin wurde weggeschwommen
und von der Strömung mitgenommen.
Nicht länger drosch der Pfarrer munter:
 "Gemeinde! Meine Frau geht unter!
Sie sinkt mit Rocke und mit Spille!
Ablass für jeden, der mir helfen will!"
Auf einen Schlag ließ man vom Bären ab
und lief zur Stelle in gestrecktem Trab.
So blieb der Bär zurück, so gut wie tot.
Julocke holte man mit knapper Not.
Braun schaffte es allein zu bleiben,
und schnell im Fluss davon zu treiben.
Die Dörfler hatten schon das Fell verteilt,
doch leider! war's im Strom enteilt.
Dort  wo der Fluss am schnellsten floss
schwamm Braun und fluchte auf sein Los:
Dass er von Reynaert ward betrogen,
dass Gesicht und Tatzen wurden abgezogen
und auf den Zimmermann, den Fallenbauer! -
Brauns Sermon hat lang gedauert.
Der  Zimmerhof, den er verließ in Eile,
lag bald schon mehr als eine Meile
zurück und er war fasst bewusstlos
durch Blutverlust. Er war zu kraftlos
sich zu halten und er kroch an Land,
wo er endlich Ruhe fand.
Da lag er, stöhnend, seine Flanken
keuchten. Wem zu verdanken?
Reynaert! Was hatte der, der so vermessen
 geschlichen war, inzwischen ausgefressen?
Nicht weit von Lamfroits Zimmerei
legte ein Huhn ein letztes Ei.
Reynaert schnappte es dabei
und schnürte hin mit Huhn und Ei.
Sich gütlich tun an Ei und Huhn
ist schöner ohne Publikum.
Er stieg heraus aus dem Versteck,
er war pappsatt. Und unentdeckt.
Die Sonne strahlte, es war heiß.
Kein Wunder also, dass der Schweiß
in einem Strom herunterlief.
Es sucht Erfrischung, wer so trieft
und Reynaert dachte mit Genuss
an ein kühles Bad im Fluss
und sinnierte mit Behagen,
wie Braun der Bär wurde erschlagen,
von der Gemeinde fortgetragen
um als Bärenbraten im Gelage
in brauner Soße Hauptgericht zu sein. 
"Nichts zu klagen", meinte Reyn. 
"Das Leben meines Kontrahenten
kam zum bedauerlichen Ende,
ich war leider nicht dabei.
Mein guter Ruf bleibt fleckenfrei."
Der Fuchs war froh, er liebte es zu siegen,
bis er, am Ufer, sah den Bären liegen.
Schmerzgekrümmt lag Braun am Fluss.
Futsch gute Laune! Dafür Wut, Verdruss!
Verdammter Lamfroit! Blödes Tier!
Hurensohn! Den Bären hab' ich dir
geschenkt! Und diesen Schinken
lässt du laufen? Zu dumm bist du zum Stinken!
Nach dieser seelischen Erfrischung
Schaute Reyn mit einer Mischung
aus Freud‘ und Häme und er fand,
dass es um den Bären nicht besonders stand:
Gevatter Braun ging es nicht gut,
wie er da lag im Bärenblut,
gekrümmt vor Höllenschmerzen.
Gleich fing Reyn an zu scherzen.
"Grüß Gott Herr Priester, Sie auch hier?
Sie kennen Reyn, das böse Tier?
Ehrwürden, Sie, ich hörte gern
von Ihnen, Diener unsres Herrn,
in welchem Orden, darf man fragen,
muss man die rote Mütze tragen?
Sind Sie Prior oder Abt?
Der Scherer hat viel abgekappt!
Von der Kalotte hat er Sie getrennt,
das ist wohl, was man Kahlschlag nennt!
Die Handschuhe nicht anbehalten?
In der Komplet nicht Händchen falten?"
Zu gerne möchte Braun sich rächen.
Doch wie? Sein Herz wollte zerbrechen.
Lieber im schnellen Strom perdu,
als verhöhnt von diesem Parvenü.
So hat der Fluss ihn mitgenommen.
Bei einer Sandbank angekommen,
konnte er an Land sich heben,
doch wie sich an den Hof begeben?
Es könnten Engel darum flehen,
mit diesen Pfoten konnte er nicht gehen -
Klauen und Socken mit Gewalt
hielt der verfluchte Eichenspalt.
Nach intensivem Überlegen
entschied er, wie sich fortbewegen.
Obwohl sehr schmachvoll und genant,
hier ist die Lösung, die er fand:
Auf dem Po, d.h. der Hinterseite,
schleppte Braun sich mit den Pfoten weiter.
Und war er müde vom Verrücken,
rollte er vom Bauch sich auf den Rücken,
vom Rücken wieder auf den Bauch.
Nach einer Meile Rollens war auch
diese Qual vorbei. Am Hofe angekommen
wurde er nicht freudig aufgenommen,
denn von Entsetzen übermannt 
hat keiner Braun als Braun erkannt.
Nur Nobel war umgehend klar,
dass dieser Rollmops sein Gesandter war.
"Das ist ja Braun, der kommt gekrochen,
was haben sie an ihm verbrochen!
Mein Gott, der ganze Kopf ist rot,
mein treuer Offizier, bald ist er tot!"
Als Braun zum König vorgerobbt war,
legte er laut stöhnend die Misere dar:
"Majestät verzeihen, dass ich mich beschwere,
rächen sie mich! Es geht um Ihre Ehre!
Reynaert, dieses liederliche Tier,
nahm mir die Backen, aus Pläsier,
Ein Trick! Die Ohren habe ich gelassen,
grauenhaft versehrt - man kann's nicht fassen!"
Der König sprach: "Wenn ich dies duld‘,
belade ich mich schwer mit Schuld!",
und er rief die noblen Namen
der Herren, die zusammen kamen
als Mitglieder des königlichen Rats.
Man überlegte, wie man Reynaerts Tat
bestrafen könne. Es erfolgte der Beschluss,
dass man ihn noch mal laden muss,
und dass man höre jede Partei,
und dass der richtige Tybeert sei:
Nicht stark, doch schlau, den sollt‘ man fragen.
Der Vorschlag konnte Majestät behagen.
"Edler Tybeert! Gehört was die Barone sagen.
macht Ihr Euch auf. Er wird’s nicht wagen,
die Ladung in den Wind zu schlagen.
Er muss sonst alle Folgen tragen.
Manchmal stellt er Böses an,
doch diesem wohlgemeinten Rat kann
er sich schlicht nicht widersetzen.
Zweimal den König zu versetzen,
das kommt nicht gut bei der Verwandtschaft.
Nun geh. Und überbring ihm diese Botschaft."
 Doch Tybeert sprach: „Ich kleiner Wicht -
sogar der Bär, mit seinem Kampfgewicht
kann gegen Reynaert nicht gewinnen.
Was kann ein Kater gegen ihn beginnen?"
"Widersprich nicht, Kater Tybeert,
du bist doch klug und aufgeklärt.
Erfolg kommt manchmal in Gestalt
von Vernunft und Klugheit statt Gewalt.
So geh mit Gott. Sofort. Nicht zweimal sag' ich's dir."
"So geh mit Gott? Mir geht es schlecht. Gott helfe mir!
 Bei dieser ganz und gar unguten Reise
Brauch‘ ich wohl  Seine Gunstbeweise."


III

Zweite Vorladung

Der Kater ging mit schwerem Herzen -
mit Nobel war es nicht gut scherzen.
Unterwegs erspähte er, hoch oben,
wie ein Martinsvogel kam geflogen.
Vielleicht würden die Sorgen weichen:
Der Vogel rechts: Ein gutes Zeichen.
"Du Vogel flieg zu meiner rechten Hand",
rief Tybeert, doch der Vogel fand
Rast auf einem Strauch zur Linken.
Der Kater sah das Unheil winken:
Der Vogel war nach links geflogen -
alle Hoffnung war verflogen.
Auch wenn die Sache nicht gefiel,
gute Miene passt zum bösen Spiel.
Tybeert schritt geschwinde aus
nach Manpertus, Reynaerts Haus.
Da stand Reynaert, selbstbewusst.
"Lieber Reynaert, Gott zum Gruß,
Er möge Segen deinen Tagen geben.
 Jetzt geht es aber um dein Leben,
alldieweil, der König droht,
versetzt du ihn, dir mit dem Tod."
Darauf Reynaert: "Edler Held,
wie sehr mir dein Besuch gefällt!
Glück auf allen deinen Wegen,
darum bete ich, dazu um Gottes Segen!"
Was kostet schon die schöne Sprache?
Reyn kann Komplimente machen,
doch Verbrechen und Betrug
hat er im Herzen, mehr als genug.
"Tybeert, Neffe, heute Abend sei
mein Gast und morgen ziehen wir bei
Tag zum Hofe, ohne Frage.
Ich kann dir  keinen Neffen sagen,
den ich liebe so wie dich.
Braun der Fresssack hatte sich
hasserfüllt und bärenstark, hier angesagt.
Dank Gott, er hat mich nicht gefragt -
nie wär' ich diesen Weg mit ihm gegangen.
Morgen werden wir zum Hof gelangen."
Tybeert sagte: "Viel ist mir daran gelegen,
dass wir jetzt gehen. Spricht etwas dagegen?
Worauf warten denn wir beide?
Der Vollmond leuchtet auf die Heide,
fast ist es heller wie am Tage!
Wir wären nie in bessrer Lage!"
"Nein, lieber Neffe", sagte Reynaert,
"Keiner, der uns vor Gefahr bewahrt.
Die bei Tage harmlos ihre Wege gehen, 
werden nächtens Fallen legen. 
Du musst unbedingt mein Gast sein."
"Was gäbe es zu essen, lieber Reyn?"
"Neffe, lass' das meine Sorge sein.
Schlechte Zeiten und die Vorräte sind klein,
doch Gäste dürfen keinen Hunger haben,
im Lager gibt es Honigwaben.
Was meinst du, wär' das was für dich?"
"Mein Fall sind Honigwaben nicht.
Hast du nicht sonst noch was im Haus?
Zum Beispiel eine fette Maus?"
"Eine fette Maus", sprach Reynaert, "ach,
daran hab‘ ich nicht gedacht!
Nicht weit von hier, das Pfaffenhaus,
dort gehen Mäuse ein und aus.
So viele fasst nicht mal ein Wagen!
Den Pfarrer hör' ich manchmal klagen,
 dass sie ihn quasi aus dem Haus verjagen."
"Reynaert, für nur eine fette Maus
bei Gott, ich wäre gerne in dem Haus."
Reynaert darauf: "Tybeert, wirklich?
Du willst Mäuse?" "Mäuse will ich!"
Mehr als alles Wildbret hier auf Erd‘
ist eine fette Maus mir wert.
(Aber halte es geheim,
ich sag's nur dir, mein lieber Reyn.
Manchmal ist die Wahrheit schlicht:
Die Katze läßt das Mausen nicht),
Sicherlich führst du mich aus!
Führe mich zum Mäuseschmaus!
Dafür schenk' ich meine Freundschaft,
und mehr, wenn du mir außerhalb schaffst
meine bucklige Verwandtschaft,
meine rallige alte aus der Landschaft"
 „Tybeert, jetzt hast du mich überrascht,
ich fühle mich sogar verarscht!"
"Nein Reynaert, nein, so hilf mir Gott."
"Deine Sprüche sind mir viel zu flott,
doch heute wirst du mehr als satt sein".
"Ich satt? Hab Dank, Gevatter Reyn!
Beim Mausen bin ich nicht zu toppen!"
"Tybeert, Freund, du willst mich foppen."
"Reynaert, eine Maus in meiner Hand
ist wie ein Goldstück aus Byzanz!"
"Dann nichts wie hin, zum Ort
wo es von denen nur so wimmelt, dort
trennen wir uns beide dann."
"Nichts, das mich von dir trennen kann, 
sogar nach Mömpelgard ging ich mit dir."
"Dann los, zu lange sind wir hier."
Um an die Mahlzeit zu gelangen
sind beide auf die Jagd gegangen.
Sie rannten im gestreckten Trab
dorthin, wo's Mäusemassen gab.

Madoc. Jaargang 2006 · dbnl

Bald waren sie beim Hühnerstall,
geschützt von einem Stampflehmwall.
Reynaert hatte den durchbrochen
und Pastors Gockel das Genick gebrochen.
Martinet, des Pastors Junge, mit Geschick
deswegen spannte einen Strick
mit Galgenknoten. Das sollte langen,
um den dreisten Dieb zu fangen.
Rache hätte er zu gern genommen,
doch Reyn hatte es mitbekommen. 
"Neffe,  kriech' durch dieses Loch.
So viele Mäuse hast du bestimmt noch
nie gesehen! Du kannst sie fangen,
du  brauchst nur hin zu langen!
Hast du sie nach Herzenslust gefasst,
kommst du heraus - ich habe aufgepasst.
Genießen wir den Abend ohne Sorgen,
zum Hofe ziehen wir dann Morgen.
Inzwischen wird die Fähe, wie es passt
umsorgen den geschätzten Gast."
"Durch dieses Loch soll ich hinein?
Mein lieber! Schlau kann das nicht sein!
Pfaffen sind, beim Bauen einer Falle,
sehr listenreich, das wissen alle!"
"Tybeert, Feigling, Leichtmatrose,
machst du dir etwa in die Hose?"
Das fuchst den Kater ungemein,
mit Todesmut kriecht er hinein.
Auf einen Schlag jedoch war klar,
wie listenreich die Falle war.
Der Fuchs kriegte sich nicht mehr ein,
sein Spaß könnte nicht größer sein.
Fest und fester zog der Strick,
Tybeert wurde Zug um Zug erstickt,
sein Gekreisch klang meilenweit.
Reynaert hatte seinen Spott bereit:
"Tybeert, Neffe, sind die Mäuse gut?
Greif zu! Du siehst – es braucht nur Mut!
Wenn Martinet sieht deinen Schmaus,
so gibt er reichlich Soße aus,
er wird bestimmt nicht kleinlich sein!
Ich muss dir sagen: Du singst fein!
Willst du am Hofe Sänger sein
und in der gleichen Suppe stippen
wie Isengrim und seine Sippe?“
Nie waren Streiche so gemein,
wie wenn gespielt von Meister Reyn!
Tybeert hatte Riesenkrach gemacht
und Martinet war aufgewacht.
"Gelobt sei Gott", sagte der Junge,
"die Falle ist mir wohl gelungen!"
Vater, Mutter, Brüder, Schwestern,
alle sprangen aus den Nestern.
Der Pastor hatte schnell begriffen,
und den Spinnrocken ergriffen
und Frau Julocke stellte dicht
sich hinter ihm mit Kerzenlicht.
Der Pfaffe, splitterfasernackt,
ward vom heil'gen Zorn gepackt.
Mit dem Rocken drosch der Pater
wie besessen auf den Kater.
Martinet, dem braven Jungen,
war ein Meisterstück gelungen.
Mit einem spitzen Kieselstein
schlug er der Katz ein Auge ein.
Dem Kater war nun vollends klar,
dass er dem Ende nahe war,
doch todesmutig wie ein Held
schlug er den Pastor aus dem Feld.

Madoc. Jaargang 1997 · dbnl

Vollends getrieben in die Enge
verbiss er sich im Kirchgehänge.
Eine Nuss zum Boden fiel:
Schluss mit des Pastors Liebesspiel.
Nie mehr konnte Frau Julocke
nachts beim Glockenspiel frohlocken.
"Martinet! Verflixter Blödmann!
Warum brachtest du den Strick an!
Keine Lust, kein Feuer mehr,
Schau! Der Klingelbeutel! Leer!"
Reyn, nie dass er je genug bekäme,
erstickte fast in fieser Häme.
Nicht nur, dass er schallend lachte:
 Einen ließ er, dass es krachte.
"Julocke! Schöne Pastorsfrau,
leider geht es uns jetzt mau!
Weder taugt der Klöppel viel,
noch das ganze Glockenspiel.
Ist der Glöckner nicht mehr geil,
bimmelt er für’s Seelenheil!"
Bei jeglicher Gelegenheit 
hat Reynaert einen Spruch bereit.
Im Tumult, im ganzen Krach,
kippte der Pfaff der Länge nach.
Julocke hat die fromme Fracht
mühsam dann zu Bett gebracht.
Reynaert zog vergnügt von dannen,
Tybeert musste weiter bangen.
Der sah, aufs Äußerste beengt,
wie man sich um die Bettstatt drängt.
Jetzt oder nie! Und mit Geschick
biss er die Zähne durch den Strick
und ergriff das Katzenpanier
so schnell er konnte. Weg von hier!
Bei allem Kummer - er zog los
geradewegs zum Königsschloss.
Bald tauchten dessen Mauern auf.
Frühmorgens, als die Sonne ihren Lauf
begann und erstes Licht hatte gesandt
kam Tybeert elend in den Hof gerannt.
Reynaerts Streich war, keine Frage,
reichlich Grund für Tybeerts Klage:
Der König sah unmittelbar,
was los war mit dem Kommissar...
Seine Drohung gegen Reyn
konnte grässlicher nicht sein.
In aller Eile kam der Rat
zusammen, wegen dieser neuen Tat.
Man hörte manches Urteil fällen,
wie man den Gauner könnte stellen.
Grimbeert, Reynaerts Brudersohn, darum
ermahnte das Kollegium:
"Edle Herren, weise ist Ihr Rat,
doch wäre Reynaerts böse Tat
gar doppelt böse - das Gesetz besagt:
Dreifache Ladung - sonst wird nicht verklagt.
Wenn man sich beim dritten Mal nicht stellt,
so gilt, dass dieses Recht verfällt,
und ist man ohne Urteil schuldig
dessen man dich hat beschuldigt."
"Wen schlägst du denn als Boten vor?",
sprach Nobel. "Wer wagt Auge oder Ohr
oder wird auch sonst geschröpft
von diesem listigen Geschöpf?
Ich denke, keiner ist ein solcher Tor."
Grimbeert trat zwei Schritte vor:
"Vielleicht wagt es kein andrer hier,
also mach ich‘s, Gott helfe mir."
„Braver Grimbeert, sei geschickt,
hüte dich vor Missgeschick!"
Darauf Grimbeert feierlich:
"Majestät, das werde ich!"


IV

Dritte Vorladung

Der Dachs, vom König abgesandt,
den Weg nun nach Manpertus fand.
Dort fläzten sich im Lager Oheim Reyn,
Die Fähe und die Füchslein, groß und klein.
Grim wollte keine Zeit verstreichen lassen,
und war bemüht, sich kurz zu fassen:
"Ich will dich jetzt mit Nachdruck fragen,
wie siehst du selber deine Lage?
Wird es nicht allmählich Zeit,
Gevatter Reyn, für uns zu zweit
den Weg zum Königshof zu gehen?
Lass‘ länger keine Zeit vergehen!
Zweimal hat man dich geladen,
zweimal hast du Majestät verladen,
beim dritten Mal wirst du erleben,
wird es keine Milde geben.
Beim dritten Mal wird deine Burg gestürmt
und das Schafott wird aufgetürmt.
Sollte man dich flechten in das Rad?
Hör' lieber auf den ernst gemeinten Rat:
Dein Leben wirst du sonst verlieren,
Fäh' und Füchslein wird man massakrieren.
Dem Urteil kannst du nicht entgehen,
hör' auf mich: Zum Hofe lasst uns gehen!
Zumal - es ist nicht sicher wie es geht.
Manchmal geschieht es, dass der Wind sich dreht,
womöglich wird die Strafe dir erlassen,
und kannst du frei den Hof verlassen."
Reynaert sprach: "Das ist wohl alles richtig
Grimbeert, aber wenn ich mich
unter des Königs Adelsleut begebe,
Neffe, kann ich was erleben.
Die haben einen solchen Hass auf mich,
ob ich das überlebe...also, ich weiß es nicht.
Egal wie's kommt, ich denke mir,
ich mach' mich auf den Weg mit dir.
Wenn ich dich nämlich reden höre…
so könnt' es sein, dass ich verlöre
die Burg, die Kinder und mein Weib,
dazu noch werd' ich selbst entleibt.
Ich kann dem König nicht entfliehen.
Ich  werd‘ mit dir zum Hofe ziehen.
Du, hör' mir zu, Frau Hermeline!
Du kümmerst dich um Reynaerdin,
sein Bärtchen wächst zurzeit so prächtig.
Als Füchslein war ich auch so schmächtig!
Und um Rothaar, um den kleinen Dieb,
ich hab' den kleinen Gauner lieb,
wie man ein Kind nur lieben kann.
Jetzt geh' ich vor Gericht, und dann
werd‘ ich mein Allerbestes geben,
um weiterhin als freier Mann zu leben.
Gott, Neffe Grimbeert, segne dich."
So ausgesucht und ritterlich
nahm Reynaert Abschied von den seinen.
Traurig blieben Hermeline und die kleinen
schutzlos zurück, als er die Burg verließ
und Haus und Hof dem Schicksal überließ.

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Hört zu, was er hat angestellt:
Es war an einem Heidefeld,
weit waren sie noch nicht gekommen,
da hat er Grimbeert ins Gebet genommen: 
"Sieh' doch, lieber Neffe Grimbeert,
welche Pein mein Herz beschwert.
Mein Leib und meine Seele leiden Not,
mehr als alles fürchte ich den Tod!
Ich kenne nur noch ein Verlangen:
Ablass für alles, das ich hab begangen!
Ach, mir wäre so viel leichter,
könnte ich dir alles beichten.
Auf diesem Feld steht weit und breit
uns ein Pfarrer nicht bereit.
Habe ich bei dir gebeichtet,
hat die Seele sich erleichtert,
mag der Ausgang böse sein,
ist wenigstens die Seele rein."
Grimbeert sprach: "Das willst du machen?
Beichten, das ist eine ernste Sache.
Wenn du Angst hast vor dem Grab,
so schwöre unverzüglich ab
jeden Betrug und jede Räuberei,
sonst bleibt es nur bei Spielerei."
"Das weiß ich wohl, es wird nicht leicht,
doch nimm mir ab die Laienbeicht!
 Ich bitte nämlich um Vergebung
Für jede Sünde und Verfehlung.
Confiteor et patermater,
dass ich am Hase und am Kater,
Bär und Wolf gesündigt habe.
Vergebung schenk mir vor dem Grabe".
"Sprichst du Welsch? Kapiere nicht die Bohne!
Flämisch bitte, dass die Beicht sich lohne",
sagte Grimbeert, "sei so gut."
Darauf Reynaert: "Also gut:
Gesündigt hab‘ ich viel in meinem Leben.
Bete zu Gott, Er möge mir vergeben.
Mein armer Onkel, Braun der Bär,
mag seines Lebtags keinen Honig mehr.
Und Tybeert! Es war meine List,
dass er ein Auge jetzt vermisst.
Die Falle war schlau ausgeklügelt, 
der Kater wurde schwer verprügelt!
Und Unrecht habe ich getan
an Canteclair, dem stolzen Hahn.
Er hatte viele süße Kinder!
Jetzt leider um ein Wenig minder,
Ersatz stand nicht sofort bereit,
steinerweichend ist sein Leid!
Den König hab' ich nicht geehrt,
die Königin hat sich beschwert.
Unehr getan dem noblen paar.
Bis ich mich zeigen kann, fürwahr,
wird's lange dauern und ich sage dir,
mehr Leute habe ich betrogen als mir
beigeblieben ist. Isengrim legt' ich herein -
mit "Oheim" seifte ich ihn ein.
Ich konnte ihn sogar bewegen
das  Gelübde abzulegen.
Nicht, dass er daran gerne denkt:
An den Sehnen wurd' er aufgehängt,
befestigt an den Glockenseilen -
er wollte läuten, ich sollte mich beeilen.
Doch die Sehnsucht war zu heftig,
denn er läutete so kräftig,
dass im Kloster zu Elmare
man meinte, dass es Satan war,
der den Höllenkrach gemacht.
Bestimmt hätt‘ man ihn umgebracht,
hätte er nicht schnell gebeten
um die Erlaubnis einzutreten.
Ich schor ihm dazu die Tonsur.
Ich gestehe: Es war eine Prozedur
 an die er sicherlich noch denkt.
Den Schopf hab' ich ihm abgesengt
und die Kalotte schwarz gemacht.
Auch Fischen habe ich ihm beigebracht:
Am Schwanz ein Eimer - "Eislochfischen".
Das Loch fror zu, er konnte nicht entwischen.
Der Fischer gab ihm Schlag auf Schlag.
Ich führte ihn an einem Donnerstag
zum Pastor in der Ortschaft Bloys.
Im ganzen Lande Vermendoys
war vom Klerus keiner reicher.
Bei diesem Pastor war der Speicher
gefüllt mit vielen Seiten Speck,
ich hab' mich dort oft eingedeckt.
Ich hatte dort ein Loch versteckt,
und Isengrim hindurch gesteckt.
Tonnenweise Rindfleisch! Auch,
gut geräuchert, Schweinebauch,
so dass der Wolf sich ohne Maß,
an Schwein und Rindfleisch überfraß.
Als er in Sicherheit jedoch
pappsatt zurück durchs Loch
auf dem Bauch heraus hat wollen,
konnte der Wolf sich nur noch rollen.
Ihm war der Wanst derart geschwollen,
dass er fluchte auf den übervollen
Speicher, in den er mager kam hinein,
doch abgefüllt mit Rind und Schwein,
 bäuchlings konnte nicht heraus,
das war das Ende seiner Sause.
Ich habe darauf Riesenkrach
am Pfaffentisch zu Weg gebracht.
Der Pfaffe nämlich aß gerade. Ich
ergriff mir einen Hahn, der friedlich
pickte. Einen von den Mastkapaunen.
Mit Augen groß vor Staunen
schaute der verblüffte Pfaff'.
Der Gottesmann war richtig baff:
 'Fangt ihn und erschlagt ihn!
Ich schwör'! So wahr ich Pastor bin,
von meinem Tisch, in meinem Haus !
Kapaune rauben! Halt' ich's aus?
So hilf mir Sancta Spiritus!
Man schlage mir den Balg zu Mus!'
und er ergriff das Tafelmesser
und warf's mir hinterher. Ein bess‘rer
Werfer hätte nicht das Holz getroffen
sondern mich. Er fluchte wie besoffen,
und ich davon, er hinterher geloffen -
er hatte eine Rechnung offen.
So trieb der Pfaff  mich vor sich hin
 zum Loch und zu Freund Isengrim.
Tragen konnte ich nicht mehr -
zu groß das Huhn und viel zu schwer,
ich musste es dort gehen lassen
(ungerne, wenn ich Hühner fasse).
"Herr Dieb, das Huhn, das lassen's hier,
dieser Kapaun gehört nur mir!"
so rief der Pastor. Ich verdrückte mich.
Der Pastor hob ihn zärtlich
auf. Doch dann sah er Isengrim
und zärtlich war er nicht mit ihm:
Ins Auge stach er mit dem Messer.
Beim Pastor waren auch sechs Messner,
gespickt mit Stöcken und mit Piken -
der eingeklemmte Wolf vor ihren Blicken!
Man fing zu brüllen und zu schreien an.
Herbei beeilten sich die Nachbarn
und erzählten sich erregt, wie sonderbar
ein Wolf mit dickem Wanst gefangen war.
Nicht nur, das Wunder zu anschauen:
Man wollte auch den Wolf verhauen.
Der Nachbarschaft war anzusehen:
Die Freud', ihn durch den Wolf zu drehen.
Die Lage meines Onkels war deswegen
heikel. Es fielen viele schwere Schläge,
auch wurde mancher Stein geworfen.
Die liebe Jugend aus dem Dorfe
hatt' ihm die Augen zugebunden.
Er blutete aus vielen Wunden,
hilflos war er, ohne Gegenwehr.
Schläge, Stiche wurden immer mehr,
es zu berichten fällt mir schwer!
Hervor gezerrt, beschwert
mit  schweren Steinen,
ließ man die Hunde von der Leine,
die ihn jetzt hetzten mit Gebell.
Er wurde wieder schwer geprellt,
bis schließlich er zusammen brach
und wie ein Toter auf der Wiese lag.
Auch für die Kinder war's ein Spaß,
sie spielten „toten Wolf im Gras“!
Von den Kleinen fortgetragen, 
wurde er geworfen in den Graben 
mit Gejohle. Riesig der Radau!
Ich weiß bis heute nicht genau, 
wie er heraus gekrochen ist.
"Der ist verreckt", so war ich mir gewiss.
Später schwor er mir ein Jahr lang Treue.
Dafür versprach ich immer neue
Hühner. Hühner nach Belieben,
so sind er und ich verblieben.
Ich habe ihn zu einem Hof gebracht,
wo ich ihm habe weisgemacht,
dass dort ein Hahn und viele Hennen,
"wohlgenährt" will ich sie nennen,
in Reihen auf dem Hahnebalken saßen
und eifrig ihr Getreide fraßen.
Bei einer Luke gab‘s ein Loch,
darin kletterten wir hoch.
Oben machte ich ihn glauben,
dass es unter dieser Gaube
noch viel mehr fette Hühner gäbe,
es würde reichen für zwei Leben.
Grinsend kroch er durch das Loch.
Jedoch, nach einer Weile, als er noch
kein Huhn gefunden hatte, wurde er
misstrauisch: "Neffe, hast du mehr
versprochen, als du halten kannst?
Keine Beute für den Adelsmann,
ich denke, etwas ist hier faul
und du verdienst ein Paar aufs Maul!"
Ich sagte: 'Oheim, was ist los?
Auf einmal kraft- und willenlos?
Hienieden wird uns nichts geschenkt,
'Erfolg hat, wer von hinten denkt! '
Und so, durch einen schlauen Spruch,
hat weiter hinten er gesucht.
So konnte ich die Streiche toppen,
ich wollte ihn ein wenig foppen:
Es war ein kleiner Schubser nur,
so dass er in die Luke fuhr.
So kam es, dass mit einem Schlag
 vom Dach er auf dem Boden lag
und alle, die im Hause schliefen
mit viel Geschrei zusammen liefen.
Beim Kaminloch rief man gar,
dass Satan in das Loch gefahren war.
Man stand auf und machte Licht -
Der Wolf, den sie bekamen zu Gesicht
war ohne Zweifel schwer verletzt.
Ich hab‘ ihn wohl zu sehr gehetzt.
Er hat so viel von mir ertragen,
ich kann dir gar nicht alles sagen.
Doch nichts was ich ihm angetan
bereue ich so sehr, als was ich hab getan
der Wölfin, seinem eigenen Weib,
er liebt sie, wie den eigenen Leib.
Weiß Gott: Das, was ich an ihr tat
ist unterblieben besser, als die getane Tat."
Grimbeert staunte: "Willst du dazu stehen
und gestehen die Vergehen?
hör' auf mit drum herum zu drehen.
Dein Gerede kann ich nicht verstehen:
"Ich habe seinem Weib etwas getan", -
ich überlege, doch spontan
fällt mir partout nichts ein.
Was könnte deine Absicht sein?"
Reyn sprach: "Mein lieber Neffe Grimbeert,
es wäre ungepasst, es wäre ganz verkehrt,
hätt' ich dir unverblümt gesagt:
'Ich bumste meine Tante'. Hätte das behagt?
Ein Trampel, redend wie ein Schwein
als Onkel - kann das richtig sein?
Genug! Ich gab Vertrauen dir,
den Ablass bitte gib du mir.
Keine Sünde habe ich vergessen,
schwere Buße wäre angemessen."
Wie man es in der Beichte macht,
das wusste Grimbeert wohl. Er brach
von einem Strauch ein Zweiglein
und erteilte vierzig Streichlein,
für jede Sünde einen Streich
und gab den weisen Rat sogleich
zu tun das Gute, fest zu fasten, wach
zu bleiben, betend in der Nacht,
und keine Kirchenfeier auszulassen,
jene, die den rechten Weg verlassen
zurück aufs rechte Pfad zu führen.
Zu lernen, wie es sich gebührt,
 wie durch Arbeit man sein Leben führt,
wenn man die eigene Hände rührt
und abzuschwören, unbedingt,
das Rauben und das Stehlen. So gelingt
die Rettung deiner Seele. Dieser Rat
lässt hoffen auf des Königs Gnad‘.
Nun, erleichtert durch die Beichte,
beide stolz auf das Erreichte,
hat man sich wieder auf den Weg begeben.
An diesem Weg, nicht weit daneben,
hatten schwarze Nonnen eine Priorei,

illustratie

Hennen und Hähne vielerlei,
fette Gänse, fleischige Kapaune,
alle scharrten außerhalb des Zaunes.
 Reynaert wusste das. "An dieser Priorei",
so sprach er, "führt der Weg vorbei."
Sie waren dort, wo außerhalb der Mauer
die Hühner scharrten. Reyn fing an zu lauern
und er hat sich nicht vertan:
Etwas zur Seite schritt ein schöner Hahn,
stolz, wohlgenährt und jung;
Feder stoben nach dem Sprung.
 Grimbeert tobte! "Bist verrückt?!
 Du hast den Vogel fast zerpflückt!
Willst du wegen einem Huhn
doppelt, dreifach Buße tun?
Neffe, das wirst du bereuen!"
Reynaert sprach: Bei meiner Treu,
lieber Grim, ich hatte es vergessen.
"Verzeih‘ mir, ich war wie besessen.
Es passiert kein zweites Mal."
Sie zogen weiter. Ein Mal
schaute Reyn noch, wo die Hühner gingen.
Er musste heftig mit sich ringen.
Hätte man den Kopf ihm abgeschlagen,
so schnell die Pfoten könnten tragen
wäre er zurück zum Hof gerannt.
"Fresswanst!", hat Grimbeert ihn genannt.
"Vielfraß, Gierschlund, blöder Tor,"
so knöpfte er sich Reynaert vor.
"Hör' doch endlich auf zu lauern, 
die Hühnersucht wirst du bedauern!"
„Grim, das finde ich nicht gut.
Ich betete mit Herzensblut.
Du hast mich beim Gebet gestört!
Ich möchte, dass mein Pater Noster hört
das Federvieh der Priorei;
häufig nahm ich sogar zwei
auf einmal von den Nonnen!
Weh mir! Ich war so unbesonnen..."
Sie zogen weiter auf der Straße,
die sie durch Reynaerts List verlassen
hatten. Grimbeert war leicht säuerlich,
der Wirkung wegen seines Ethikunterrichts.
Und Reyn? Die Beute, die er hatte fassen
wollen nicht zubereitet laufen lassen -
das fiel ihm offensichtlich schwer.
Der Hof inzwischen näherte sich mehr
und mehr und Reynaert kriegte Muffensausen.
Galgen oder Rad? Ihm kam das kalte Grausen.

illustratie

V

Verurteilung und Versöhnung

Am Hofe hatte man vernommen,
dass Reynaert endlich war gekommen
mit Neffe Grimbeert hintendrein.
Ich bin mir sicher, es gab keinen
Reichen oder Armen, der nicht eine Klage
gegen Reynaert hätte vorzutragen.
Dieser tat, als ob ihm gar nicht mulmig war.
War ihm schon der Ablauf klar?
Über die Paradestraße 
schritt er stolzgeschwellt fürbass,
als ob er wär' des Königs Erstling,
nicht ein jämmerlicher Sträfling.
Er baute sich vor König Nobel auf:
 "Gott allein bestimmt der Welten Lauf!
Er möge Majestät gewähren
Frieden, Reichtum, Ruhm und Ehre!
Ich, der ich hier erscheinen muss 
entbiete Majestät ergebenst meinen Gruß.
Immer hab' ich meine Treu‘ gezeigt,
Welche gibt es, denen das nicht reicht!
Mich verleumden sie! Sie haben stetig
falsch berichtet! Gott sei ihrer Seele gnädig!
Gott sei Dank steht hoch die Krone über
Lug und Trug der Lügner und Betrüger!
Vor Gott will dennoch ich hier klagen:
Am Hofe haben, dieser Tage,
ebenso im ganzen Land,
die Verleumder Oberhand.
Glauben darf man ihnen nicht:
Ihnen steht das Böse im Gesicht!
Des treuen Dieners Ruf zersetzen,
hinterlistig bei der Krone petzen -
Gott wird es ihnen nicht vergeben
und sie strafen mit dem Leben."
 "Schnauze!" blaffte Nobel, "Kleiner Wicht!
Das Opfer mimen? Bei mir zieht das nicht!
Keine frei erfundene Geschichten!
man hört ganz andere Berichte!
Hast du den Frieden nicht gebrochen,
der feierlich von mir versprochen?"
"O weh, ich konnt' es nicht verhindern!
Henne Coppe! Sie und meine Kinder!"
krähte Canteclair, der in der Runde stand.
"Halt‘ den Schnabel!", unterband
der König. "Ich bin es, der hier spricht!
Länger duld‘ ich diese Lügen nicht!
Freundchen Reynaert, Freundchen Dieb,
steht zu seinem König? Hat den König lieb?
Du bist auf den Hund gekommen!
Tybeerts Auge und Brauns Haut genommen -
keine Worte will ich mehr verschwenden,
dein Leben wird am Galgen enden,
für dich ist heute Finitum!"
"Nomine Patrum, Christum, Spiritum!"
schluckte Reynaert, "aber dass der Bär
die Haut verloren hat und noch viel mehr,
Sire, was geht mich es an,
dass er Lamfroits Honig nahm?
Glaubt man, dass er fast verreckte,
weil er Lamfroits Honig schleckte?
Bei der Bärenkraft? Wäre er verspottet 
worden, er hätt‘ die Dörfler ausgerottet 
bevor er sich vom Ufer machte! Das aber 
bringt mich wieder auf den Kater:
Ich verpflegte ihn so gut es ging,
bis es bei ihm ans Stehlen ging
in der Pfarrei, entgegen meinem Rat.
Dass er dem Pastor Übles tat,
ist keine Frage! Ich soll die Buße tragen?
Dann kann ich nur mein Los beklagen!
Mein König! Ihre Macht ist dergestalt -
Von Ihnen aus geht jegliche Gewalt.
Ob gut, ob schlecht – egal was man berichtet,
mich erheben oder mich vernichten,
es ist mir gleich. Sieden, braten; Sire,
hängen oder blenden, Ihre
Gewalt ist in der Tat vollkommen.
Dem Zugriff kann kein Tier entkommen.
Sie sind mächtig, ich ein kleiner Wicht,
den Leu hört jeder, Füchse hört man nicht.
Leicht wäre es mich tot zu machen,
unter Ihrer Würde wäre solche Rache".
Belin der Widder stellte sich nun hin,
mit seiner Aue Hawy hinter ihm.
Einmütig blökten beide Schafe:
"Wollen wir nicht weiter klagen?"
Braun Bär trat vor, mit allen seinen Magen,
Den Kater, musste man nicht fragen
und Isengrim, Kumpan aus alten Tagen,
und Fortadent, das Eberschwein
und auch der Rabe Tycelein,
Biber Pancer, Dommel Bruneel,
und das Eichhorn, Herr Rosseel,
Das Wiesel und die Gattin Fine,
und mit Leichenbittermienen
Canteclair und seine Kleinen,
sie waren unentwegt am Weinen.
Auch das Frettchen Kleingewinn -
Alle stellten sie sich hin,
alle standen sie bereit
vor dem König aufgereiht.
Kaum hatte die Verhandlung angefangen,
da nahm man Reyn erst mal gefangen.

illustratie

Jetzt begannen alle Tiere
durcheinander zu parlieren.
So kunstvoll reden, raffiniert plädieren,
das gab's noch nie im Reich der Tiere.
Pro- und Kontrapositionen
zu beschreiben würde sich nicht lohnen.
Jedenfalls, ums kurz zu sagen:
Überzeugend waren alle Klagen
und, wie alle Zeugen fanden:
Alle hätten vor Gericht bestanden.
Doch der König drängelte in Sachen
Reynaert schneller Schluss zu machen.
Man meinte, es sei wohl am besten
einen Galgen zu errichten, einen festen.
Daran würde Reyn, der Bösewicht,
hängen mit dem vollen Gewicht.
Reynaert wurde langsam blümerant,
weil das Verfahren auf der Kippe stand.
Der Dachs verließ die Runde aufgebracht,
Reyns Sippe hat gleich mitgemacht.
Eine Sippe kann es nicht ertragen,
wenn ein Mitglied hängt am Kragen.
Man hatte zwar den Fuchs nicht lieb,
aber ein Edler ist kein Dieb.
Dem König wurde leise überbracht:
"Die Sippschaft ist ganz aufgebracht"
und Nobel überlegte sich:
"Weitermachen? Nein, so geht das nicht.
Er ist zwar böse, dieser Reyn,
doch seine Sippe kann gefährlich sein".

Reynard the Fox - Wikipedia

Also sprach er, scheinbar gut gelaunt:
"Ihr seid träge, Isengrim und Braun!
Reynaert kann sich überall verstecken -
Ein Urteil darf man aber nur vollstrecken
bei Tage. Nicht, dass er noch flieht
durch eine List, eh' man es sich versieht.
Er kennt Listen, er kennt Lagen -
was er vorhat - keiner kann es sagen.
Er muss hängen, doch er hängt mitnichten.
Könnt Ihr den Galgen nicht errichten,
so ist die Nacht schon längst gekommen."
Diese Chance hat der Wolf genommen:
"Majestät, ein Galgen ist von hier nicht weit",
Isgrims Stimme zitterte vor Leid.
Tybeert maunzte: "Jeder spürt den Schmerz,
Herr Isengrim, wem blutet nicht das Herz?
Reyn war es, der die Falle ausgeheckt hat!
Er war dabei, als man sie aufgehängt hat,
Den Bruder Rumen, den Bruder Widelancken!
Jetzt kann man sich beim Reyn bedanken
 mit einem Ruck – dann ist’s vorbei mit Reyn,
im Land wird wieder Frieden sein."
Der Wolf blaffte den Kater an:
"Was man von dir nicht lernen kann!
Frieden! Himmlisches Geschick!
Leider fehlt uns noch der Strick,
sonst wüßte Reynaerts Hals schon längst,
wieviel sein Arsch wiegt, wenn er hängt".
Reynaert hörte das Gezänk der beiden:
"Meine Lieben, verkürzt doch meine Leiden.
Tybeert hat doch einen Strick,
um den Hals, gezogen mit Geschick
und Pein und Schmerz erbeutet.
Er hat den Pastor schwer gebeutelt!
Machen Sie nicht länger hin und her!
Der König hat befohlen, Wolf und Bär,
dass ich nur eines Todes sterbe,
nicht, dass ich tausendmal verderbe.
Warum sich solche Mühe geben,
es lässt sich so viel leichter leben,
wenn der Kater mit Euch geht.
Der klettert gut und er versteht,
wie man's macht mit einem Strick,
und wie gesagt, er hat Geschick.
Tybeert, geh du frisch voran,
ich komme nach, sobald ich kann."
Dann sagte Isengrim zum Braunen
(und er geriet in beste Laune):
"Ich schwör' bei meiner Klosterplatte:
der beste Rat, den wir je hatten,
auch wenn Reynaert ihn gegeben,
er kennt sich aus im Klosterleben.
Er lässt wohl  gern' sein Wasser laufen!
Last uns ihn mit Würze taufen!"
Braun sprach: "Mein lieber Tybeert, 
dein Strick wär‘ wahrlich nicht verkehrt.
Mehr als verdient auch, keine Frage,
so macht es Spaß, den Strick zu tragen!
Endlich kriegt der Fuchs die Zeche.
Dein Auge, meine Backen! Er wird blechen!
Der Gauner wird jetzt aufgeknüpft!
Er ist perdu! Er hat sich ausgehüpft!"
Der Wolf, der Kater und der Bär
(der mochte keinen Honig mehr),
einmütig und in Treue fest,
sie hassten Reynaert wie die Pest.
Isengrim bedrückte eine Ahnung,
dass noch fehlte die Ermahnung,
die zur Gefahrenlage passt.
Man hatte Reynaert zwar gefasst,
doch Freunde, Gäste, Neffen, Nichten
wollt' er feierlich verpflichten:
"lasst den Fuchs NIE aus den Händen!"
Er wandte sich an Frau Aarsende,
dass sie stets bei Reynaert bleibe,
dass sie schwört beim ihrem Leibe,
dass sie ihn beim Barte hält,
 sich nicht trennt für Gut und Geld,
nicht durch Not und nicht durch Tod.
Schröcklich hat der Wolf gedroht.
"Verzeiht mir, aber halb, nicht mehr,
auch wenn’s die letzte Bitte wär.
Bei der Wölfin kann man sich erkunden,
sie hat stets ein nettes Wort gefunden.
Du nicht! Du hast dir nie etwas gemacht
aus mir! Tybeert hat nur Leid gebracht!
Und Braun? Alles daran gesetzt
dass ich verende! Alle aufgehetzt,
mich Dieb zu nennen, mich zu hassen!
Alle haben mich verlassen!
Dreimal verdammt werdet ihr sein,
jeder allein und alle im Verein,
wenn ihr jetzt nicht zu Ende macht
 was ihr habt auf den Weg gebracht!
Mir ist es doch verdammt egal,
sterben muss ein jeder mal.
Vater hat gesündigt, bis es zu Ende ging.
Baut den Galgen! Richtet mir das Ding!
Wollt ihr länger Zeit verlieren?
Zur Hölle! Ab! Auf allen vieren!"
"Amen, sagte Isgrim, "amen" auch der Bär,
"kein Zagen und kein Zaudern mehr."
"Wer früher hängt, gibt länger Ruh" -
das war Tybeerts Senf dazu.
"Beeilung!" und mit diesem Wort
sprangen zu dritt die Herren fort,
frisch über Zäune, fröhlich über Senken,
wie zum Feiern, statt zum Henken.
Jeder wollte unbedingt der erste sein,
Tybeert etwas hinten drein.
Zuerst kam Isgrim, dann der Bär.
 Tybeert zog die Leine hinterher.
Er war trotzdem schnell genug,
weil Vorfreude ihn vorwärts trug.
Reynaert sah sie umeinander hüpfen,
scharf darauf, ihn aufzuknüpfen.
"Wie sie springen, Haken schlagen,
kein Ehrenmann kann das ertragen.
Wenn ich es überlebe, werden sie beklagen
ihr Übermut, ihr schamloses Betragen.
Bei meiner kleinen Schurkerei
hab ich sie lieber nicht dabei:
Als ich wach lag, gestern Nacht,
hab' ich mir etwas ausgedacht.
Dusel brauche ich, doch dann
glaub ich, dass ich was erreichen kann.
Nobel hat Finten, aber auch Allüren,
leicht ist er hinter's Licht zu führen."
Es gab ein Zeichen, ein Signal erklang, 
die Büttel kamen für den letzten Gang.
Reyn sagte: "Bringt vorher in Schuss
das Seil, an dem ich hängen muss.
Auch verlangt es mich zu beichten,
ich will die Seele noch erleichtern
und öffentlich dem Volk verkünden,
zur Vergebung meiner Sünden,
damit es jedermann hier verstehe,
wie Raub und Missetat entstehen.
Schluss für immer mit den Sünden,
ich werd's kein zweites Mal verkünden!
Der König sprach: "Dann leg mal los!"
Reynaert, jetzt ganz Trauerkloß,
voll des Kummers schaute in die Runde.
Dann hörte man aus seinem Munde:
"Adiuva me, o Dominus!
Die ich um Verzeihung bitten muss
sind hier beisammen, Freund und Feind,
meine Opfer hier vereint!
Meine Herren, hört nun alle
- möge es auf gute Erde fallen -
wie ich, Reynaert, bin gefallen
dem Verbrechen in die Krallen.
Als Knäblein, fromm zur Welt gekommen,
kaum war ich von der Brust genommen,
spielt‘ ich mit Lämmchen, unbeschwert,
doch ihr Mähen hat gestört!
Das reichte aus, mich hin zu reißen
und einem in den Hals zu beißen.
Zum ersten Male trank ich Blut.
O weh! es schmeckte mir so gut,
ich wollte gleich das Fleisch probieren.
Ich wollte Ziegen strangulieren!
Im Walde hört' ich Ziegenglöckchen,
und ich verbiss darauf zwei Böckchen.
Entzückende Aromen! Mir war selig!
Am dritten Tag ging es mir ähnlich
und allmählich ward ich kühner,
verbiss ich Hähne, fasste Hühner,
Gänse, überall wo ich sie fand,
im Stall, beim Grasen auf dem Land.
Ich war auf den Geschmack gekommen,
ich hab mir immer mehr genommen.
Ich war böse, ich war grausam,
nahm alles, was mir vor das Maul kam.
Später, zu Belsele, unter einem Baum,
rechnet Isengrim mir vor, wir sind kaum
weniger als Brüder, ich nicht minder
als sein Onkelsager und er schilderte
den Stammbaum unsrer Ahnen
und so wurden wir Kumpane.
Mehr als einmal hab' ich es bereut!
Wir gelobten uns bei unsrer Treu,
der eine ist dem andern Kamerad
und steht ihm bei mit Rat und Tat.
Die Vorbedingung war geschafft,
so zogen wir auf Wanderschaft.
Er stahl die großen, ich die kleinen,
sehr vernünftig, könnt‘ man meinen.
Tatsächlich war ich überglücklich,
blieben mir die Reste übrig.
Hatte er ein Kalb zerrissen,
Eber oder Ramm zerbissen,
hat er mich sofort verjagt
und meinen Anteil abgenagt.
Doch ich blieb immerfort gelassen!
Konnten wir große Beute fassen,
einen Ochsen oder fettes Schwein -
nichts blieb übrig für Gevatter Reyn.
Isengrim saß auf dem Hintern,
mit Aarsende und den 7 Kindern.
Ich aber habe mich verkrochen
mit den allerkleinsten Knochen,
woran zuvor die Bälger konnten nagen -
kaum eine Mahlzeit konnte ich erjagen.
Wieso denn blieb ich so gelassen?
Wollte ich nicht Fressen fassen?
Warum es dermaßen egal war?
Weil ich reich bin. Gold und Silber, alles bar!
Edelsteine und Geschmeide! Und kein Wagen,
der den Schatz in 7 Fuhren könnte tragen!"
Der König saß gerade auf dem Thron
und fragte Reyn in scharfem Ton:
"Woher stammt dieser Reichtum?
Erklär er mir, woher geht so viel Geld um?"
"Damit Sie wissen, was ich weiß
berichte ich, um jeden Preis.
Ort und Zeit waren bereits befohlen,
Majestät! Den Schatz hab' ich gestohlen!
Und wär‘ er nicht gestohlen worden,
so wären Sie ermordet worden!
Majestät, ein Mord, ein grauenhafter Mord,
darauf mein Ehrenwort, jawohl mein Ehrenwort!"
Die Königin war völlig außer sich:
"Ein Mord! Mein lieber Reynaert! Sprich!
Bei deiner Seele Heimgang,
sag uns den ganzen Hergang!
Sag uns die Wahrheit, fahre fort,
die Wahrheit über diesen Mord!
Bis ins Detail will ich sie hören,
die böse Absicht der Verschwörer
 und deren mörderischen Plan -
ein Attentat auf meinen Mann!"
Nun hört, wie Reynaert eindringt in
das Gemüt des Königs und der Königin.
Wie er erwirbt mit Klugheit und Geduld 
Freundschaft der Königin, des Königs Huld. 
Wie er, obwohl unschuldig beide, 
bringt Braun und Isgrim schwere Leiden, 
sie in die Fehde treibt und was er tut 
zu wecken König Nobels Wut.
Starkbier wollten seine Onkel brauen...
Reyns Bier war stärker, ihr könnt's mir glauben!
Der Fuchs fuhr fort: "O, edle Königin,
zu sprechen hatte ich bereits im Sinn.
"Sprich!" sagt mir mein Gewissen laut,
weil mir der Tod ins Antlitz schaut.
Würd' ich nämlich anders handeln,
ich würde in der Hölle landen,
wo Heulen und wo Zähneklappern ist!
Wenn Ihro Majestät gewillt ist
Ruhe zu verordnen, werd‘ ich Ihro Gnaden
berichten, wie er ward verraten,
um meuchlings umgebracht zu werden
von Verrätern ohne Ehre.
Die liederlichsten der Verschwörer,
mich schaudert es, wenn ich es höre,
sind leider eng mit mir verwandt.
Ich gebe dies ungern bekannt,
doch fürchte ich den Höllenort,
wo ich, mit Wissen um den Mord,
geschleudert werde in den Schlund,
wenn ich nicht red' in dieser Stund!"
Dem König war der Fall nicht klar -
"was du da sagst ist wirklich wahr?"
 "Majestät! Sie fragen mich?
Mein Zustand ist doch fürchterlich!
Sie wissen, königliche Majestät,
 wie es um mich, verdammten, steht!
Insgeheim von einem Mord zu wissen, 
das nehm‘ ich nicht auf mein Gewissen.
Glaubt einer denn, ich wär' bereit
und reiste in die Ewigkeit
mit einer Lüge auf der Seele?
Wessen Obhut könnt' ich wählen?"
Auf Fürsprache der Königin,
- immer des Königs Hüterin -,
sprach der Gemahl, was die Gemahlin wollte:
Dass niemand sich erdreisten sollte
auch nur ein Sterbenswort zu sprechen,
gar den Bericht zu unterbrechen.
Totenstille trat am Hofe ein.
"Er spreche jetzt!" befahl der König Reyn.
Reynaert, listenreich wie immer,
meinte, dass das Schicksal nimmer
ihm günstigeres Los verhieß,
als jetzt, wo ihn der König reden hieß.
Also sprach er: "Ruhe bitte, absolute Stille!
Ich vollzieh' des Königs Willen
und nenn' in aller Offenheit
wer ihn verraten will. Darauf mein Eid.
Keine Verwandtschaft werde ich belohnen,
keine Sippschaft werd‘ ich schonen.
Was schert mich die Familienehre,
den Verrätern sei es eine Lehre!
Nun also hört, wie einer bodenlosen Tat
den Vater ich bezeihe, des treulosen Verrats,
sowie, obwohl geliebt und eng verwandt,
den Dachs, so nah er mir auch stand."
Reyn hatte einen alten Spruch geliehen:
"Willst du Feinde des Verrats beziehen,
verrate deine Freunde, das verleiht
dem Verrat den Glanz der Ehrlichkeit."
Über folgende Geschichte
hob der Fuchs an zu berichten:
"Lang ist's her, dass an geheimer Statt,
mein Vater einen Schatz gefunden hat:
den Gotenschatz des Ermanrich.
Es waren wenig Augenblicke nur,
bis Übermut ihm in die Seele fuhr:
Ihn deuchte, dass im ganzen Reich,
keines der Tiere sei ihm gleich,
dass alle wären seine Paladine!
Mit einigen will ich beginnen:
Ausschließlich auf Gewinn bedacht,
 haben diese nämlich mitgemacht.
Tybeert hat als Bote er entsandt
in die Ardennen, wo der den Bären fand.
Er sagte ihm, mit vielen Grüßen,
dass Braun die Reise machen müsse
nach Flandern. Er zögere nicht lange,
er wolle König werden? Es sei etwas im Gange.
Die Nachricht freut den Bären sehr,
das war schon lange sein Begehr!
So zog er in das Flandernland,
das Waasland, wo er meinen Vater fand.
Dazu kam Grimbeert der vernünftige,
Isgrim der Gierfraß, Tybeert der fünfte.
Nach Hijfte, bei Gent genau genommen,
sind sie in finstrer Nacht gekommen,
wohin sie, durch des Teufels Macht,
zusammen wurden hingebracht.
In dieser Ödnis, diesem Moorgelände,
planten sie, wie Majestät sein Ende fände.
Hört  zu, ihr werdet alle staunen!
Dort schworen sie, dass sie den Braunen
- schwörend auf Isgrims Klosterkrone -
König machten auf Aachens Kaiserthrone.
Die Verräter kamen dazu überein:
Wenn aus des Königs Sippschaft ein
Verwandter hätte etwas einzuwenden,
so würde man den Schatz verwenden
und ordentlich den Sippling schmieren,
damit er kein empörtes Wort verliere.
Wie ich das weiß? Ich kann Euch sagen wie:
An einem schönen Morgen in der Früh,
aus der Taverne und vom Wein benommen,
hat Neffe Dachs den Heideweg genommen
und sich verplappert, dank der schönen Miene
meiner Gemahlin, Füchsin Hermeline,
und ihr verraten jede Kleinigkeit
während der Wanderung zu zweit.
Hermeline täuschte vor, nie im Leben
würde sie die Geschichte weitergeben.
Später dann, am Waldesrand
sah sie mich, wie ich da stand
und sie erzählte still und leise,
 was sie gehört, mit deutlichen Beweisen
und ich verstand: 'Das ist wohl wahr.'
Zu Berge stand mein rotes Haar.
Wie könnt' ich diesen Moorbrand löschen?
Kennt Ihr die Geschichte von den Fröschen?
Die Frösche waren einmal frei,
doch sie beschwerten sich: Es sei
nicht leicht so frei zu leben.
Es müsse strenge Regeln geben
und viele quakten in der Not
zu Gott: Dass Er erlasse ein Gebot,
dass sie bekämen einen König,
strenge Regeln seien nötig.
Der liebe Gott erhörte diese Bitte,
um die sie sich erbittert stritten.
In dieser Weise hat Er nun gehorcht:
Ihr König wurde König Storch,
der fing, wo immer er sie fand,
die Frösche ein, zu Wasser und zu Land.
Gnade gab’s für keinen Frosch im Teich,
nicht einmal für den ungebornen Laich.
Jetzt klagten sie. Es war zu spät zum Klagen.
Wieso? Ich kann‘s euch sagen:
Die einstmals freien Frösche, sie erstarren
immerzu vor Furcht und harren
König Storch, den Fröschefresser.
Ihr edle Herren, wär‘s nicht besser,
wenn Ihnen nicht passiert das Gleiche?
Es traf ja alle, arme ebenso wie reiche.
Es war mit Eurem Wohl im Sinn,
dass ich einschritt daraufhin.
Ich kannte Braun, Verräterbär,
und überlegte: Keiner wird mehr
glücklich, wenn einmal der Verbrecher
uns zum Fürst wird. Der Gesetzesbrecher!
Ich dachte mir: Es ist noch nicht zu spät.
Ich kenne unsre Majestät,
milde  und gütig, gnädig für alle Tiere,
nicht auszudenken, wenn wir ihn verlieren!
Ich sann auf eine Lösung, wie beizeiten
Vaters abgefeimte Pläne zu vereiteln,
die den Fresssack, den ungeschlachten,
zum Herrscher aller Tiere machten.
Inbrünstig flehte ich zu Gott,
dass er vereitle den teuflischen Komplott,
und niederschläge diesen Teufelsstreich
gegen Fürst und Königreich.
Solang der Schatz bei den Verrätern war
war Majestät in Höchstgefahr.
Im Gestrüpp, im Dickicht oder Hecken,
wo könnt' ein Fuchs den Schatzverstecken?
Pausenlos den Vater zu beschatten
entschied ich mich. Wo er Verstecke hatte,
tagsüber und in dunkler Nacht -
rastlos habe ich ihn überwacht.
Ob es kalt war oder heiß,
in Wald und Flur, bei Hitze und bei Eis,
 war mir egal. Ganz gleich die Dauer -
immer lag ich auf der Lauer.
Eines Tages, (ich hatte mich versteckt
in einem Busch, so blieb ich unentdeckt),
kam ich dem Vater auf die Spur.
Als eine Regung durch die Büsche fuhr,
war er es, der aus einer Höhle kroch.
Mit Vorsicht kam er aus dem Loch.
Die Weise wie er spähte, nährte
die Zuversicht auf eine heiße Fährte.
Als Vater nichts Suspektes fand
kroch er hervor. Dann schaufelte er Sand
über das Loch. Es war verschwunden.
Ohne Reynaert hätte keiner es gefunden!
Der Alte schleppte seine Lunte hinter sich
um die Spuren zu verwischen, und ich
lernte so vom Alten eine neue List.
Er zog ins Dorf, wo immer Beute ist:
Kapaune, Hühner, fette Hähne.
Das Wichtigste, ich will's erwähnen:
Ich sprang und rannte auf die Höhle zu.
Endlich! Ich stand davor im Nu.
Ich hab' gebuddelt und ich kroch hinein -
Ermanrich! Zu schön um wahr zu sein!
Ich begann die Stücke fort zu tragen,
ohne Karren, ohne Trage, ohne Wagen,
nur mit schierer Muskelkraft
haben wir  alles fortgeschafft,
ich und Hermeline, meine Frau.
Nie gab's von hier bis Hennegau
Wertstücke in solchen Massen,
für zwei Füchse kaum zu fassen.
Wir schafften beide Tag und Nacht,
so haben wir den Schatz verbracht.
In einer Höhle, hinter einer Hecke
konnten wir den Schatz verstecken.
Ich war auf einmal unermesslich reich!
Und die Verräter? Diese hatten gleich
mit Fleiß sich an das Werk gemacht,
Briefe im Land herum gebracht:
Wer dabei sein wollte, sollte sich beeilen.
König Bär der Erste würde bald verteilen
Ämter, Reichtum, reichlich Sold,
Silber, Steine und gediegen Gold.
Mein Vater war durch's Land gerannt
mit Brauns Missive, die sich im Gepäck befand.
Doch war der Schatz ihm längst genommen!
Wäre Reynaert nicht gekommen,
Vater hätte London übernommen!
Von der Elbe hinunter bis zur Somme
formte der Alte einen Bund
und lief er sich die Pfoten wund.
Er konnte viele überreden
 in die Fronde einzutreten.
Als der Sommer kam ins Land
kam Vater wieder und er fand
die Verschwörer, die sich maßlos freuten,
voller Hoffnung auf die fette Beute.
Er erzählte über vielerlei Gefahren,
Hunde, die gekommen waren -
eine Hatz bei einer Burg in Sachsen.
Vater war alledem gewachsen,
Gefahren machten ihm nicht viel,
Abenteuer war’s und Spiel.
Er zeigte viele Pergamente,
von vielen, vielen Malkontenten!
MCC Verwandte Isengrims mit Namen,
die Amt und Sold wohl gerne nahmen,
mit scharfen Klauen, scharfen Zähnen
konnte Vater stolz erwähnen,
Kater außerdem und Bären,
scharf auf Silber, Gold und Ehre.
Auch die Füchse und die Dachse,
welche aus Thüringen, welche aus Sachsen,
für im Voraus ausbezahlten Sold,
zu verraten immer gern gewollt!
Ich konnte es verhindern, Gott sei Dank!
Doch Vater sorgte sich um seine Bank:
Nachdem die Werbung mit Erfolg gekrönt war,
war entscheidend, dass der Schatz bebereit war.
Doch die Stelle, die er hatte auserkoren,
war gähnend leer! Das Spiel verloren!
In die Höhle hatte einer eingebrochen,
es brachte Vaters Blut zum Kochen.
Als er diese Katastrophe sah,
ging der Goldrausch ihm zu nah.
Er war geknickt und außer sich vor Gram,
so dass er sich das Leben nahm.
So war der böse Plan gescheitert,
 ihr lebt dank mir in Frieden weiter.
Mehr als Probleme habe aber ich!
Seit Isengrim und Braun als Paladine sich
am Hofe eingeschlichen haben,
droht mir der Galgen und das Lied der Raben!"
Der König und die Königin,
nie abgeneigt einem Gewinn,
nahmen den Fuchs diskret zur Seite
und bedrängten ihn nun beide,
dass er zeige seinen Schatz.
Reynaert sagte "Majestät, wie das?
Hat einer jemals einen Schatz verschenkt,
der in der nächsten Stunde wird gehängt?
Majestät, das hätte keinen Sinn!"
"Reynaert, nein", so sprach die Königin,
"der König lässt dich gnädigst leben,
gütigst will er dir vergeben,
Zwistigkeit will er beheben.
Dafür wirst du vernünftig sein".
 "Vernünftig? Gerne!", dachte Reyn.
"Wenn Majestät mir seine Huld verleiht
in Ihro gnädigster Anwesenheit."

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"Ihm glauben? – Habt Ihr den Verstand verloren?
Stelen, Rauben, Lügen - dazu ist er geboren",
sagte Nobel. Doch die Gattin meinte: "Nein!
Er könnte diesmal ehrlich sein!
Auch wenn er schlecht war, böse gar
er ist nicht der, der er mal war.
Den Neffen Dachs, den eignen Vater
beschuldigt eines Staatsverbrechens hat er,
obwohl es leicht gewesen wäre
andren anzuhängen die Affäre,
wenn er denn ein Übeltäter
wäre, oder böse oder gar Verräter."
Da sprach der König: "Edle Königin,
weil ich zu weich und viel zu milde bin.
will ich ihm einmal noch vertrauen
und auf seiner Treue bauen.
Doch einmal Böses, einmal noch Verrat -
Die Sippe wird es büßen, bis zum zehnten Grad."
Damit war Reynaert ohne Zweifel klar,
dass König Nobel umgefallen war
und er freute sich unbändig.
"Sire, wär' es nicht verständig
wenn ich's mit dem Halm verspräche?"
Der König stimmte zu. Den Strohhalm brechen,
die Festucatio, das Zeichen des Versprechens,
der Vergebung aller Sünden und Verbrechen.
Reynaert freute sich, kein Wunder,
hatte er den Tot nicht quasi überwunden?
Jetzt war es Zeit für die Eloge: "Sire, Ihre Güte
zeigt mir: Keiner könnte besser hüten
den Gotenschatz für mich und meine Frau,
den ich nur Ihnen anvertraue!“
Reynaert hatte einen Strohhalm hochgehoben,
um mit feierlicher Stimme zu geloben:
"Sire, nehmen Sie nun dieses Stroh!
Ihnen übergebe ich den Schatz, so
wie ihn einmal hat besessen Ermanrich."
Der König übernahm den Halm, bedankte sich
bei Reynaert und man sah ihn denken:
"Wie kann der Depp den Schatz verschenken?"
Reyn hatte einen solchen Spaß,
dass man ihm in den Augen las:
Der König würde alle Schritte gehen,
so wie von Reynaert vorgesehen.
"Majestät, ich kläre alle Fragen,
auf das, was ich jetzt werde sagen
kommt's an: In Flanderns Osten, dort wo
keiner wohnt, gibt es den Urwald Hulsterlo,
mit einer Quelle in der Mitte einer Lichtung.
Ihr Wasser fließt in Richtung
Süden, dann in Richtung Westen.
Man kann es nicht verpassen. Und das Beste:
Wüster als diese gibt es keine Wüstenei.
Zwei Jahre kann es dauern oder drei,
keiner geht zur Quelle, weder Mann noch Weib,
keine Menschenseele oder Menschenleib,
nur die Eule und der Uhu
bringen dort ihr Leben zu.
Nicht das kleinste Vögelein
will in diesem Urwald sein,
keines wagt sich dort hinein.
Dort ist der Schatz, er liegt ein
Klafter in der Erde. Auch ist wichtig:
Der Ort heißt "Kriekepit", Sie hören richtig.
Gehen Sie mit Hermeline, meiner Frau.
Keinem sonst  kann Ihro Gnaden trauen.
Sie finden junge Birken bei der Quelle,
auch nah am Wasser stehen welche.
Darunter liegt der Schatz begraben.
Entfernen Sie das Moos - ein wenig  graben
und Sie sehen Silber und gediegen
Gold, Geschmeide, Edelsteine liegen,
wie sie nur die Meister fassen
im Goldrand.Viele hat er eingelassen
in eine Königskrone. Nach der Sage
 hat Ermanrich sie selbst getragen.
Majestät, das sind die Fakten; nur
die Wahrheit, unverfälscht und pur.
Ihro Gnaden, wenn dank meiner List
der Schatz in Ihren Händen ist,
dann sprechen Sie ein Stoßgebet,
wenn‘s Gold in Ihr Besitztum  übergeht:
'Reynaert, Dank, dass du hast aufgepasst
und unter diesem Moos begraben hast,
den Gotenschatz mit einer List,
Gott mit dir, wo immer du auch bist'"
Nobel sagte: "Um die Reise zu bestehen,
Reynaert, musst du mit mir gehen.
Aachen und Paris. Ist das in der Nähe?
Ich bitte dich, mir bei zu stehen.
Der Urwald und der Schatz, allein!
das schaff' ich nicht. Du musst bei mir sein.
Damit wir uns nicht falsch verstehen:
Du flunkerst doch, wie ich es sehe.
"Kriekepit" - das hörte ich noch nie -
klingt wie die Schöpfung deiner Fantasie."
Reyn fand die Antwort nicht fantastisch
und erwiderte sarkastisch:
"Sire, Sie sind etwa so nahe bei
als „Köln“ bei „Wonnemonat Mai“.
Lass‘ ich‘ die Leye südwärts fließen,
und in den Jordan sich ergießen?
Doch komm' ich Ihnen gern entgegen,
ich werd‘ es öffentlich belegen"
und wie ein Marschall blaffte er:
"Cuwaert, Hase, komm er her!
Er trete vor den König, er zögere nicht lang!"
So ging der Hase einen schweren Gang.
Ihm schwante überhaupt nichts Gutes.
Denkt man Böses? Reynaert tut es.
"Du zitterst Cuwaert, ist dir kalt?
Sag an, wie heißt der Wald?
Ich sage dir unmissverständlich:
Die Wahrheit und du bleibst lebendig."
Hase Cuwaert daraufhin:
"Ich bin verdammt, weil ich nur Hase bin:
Wenn ich die Unwahrheit sage,
 geht es mir an Kopf und Kragen".
"Erzähle! Laut und deutlich! Sprich!
Kriekepit? Du kennst es? Oder nicht?"
"Kriekepit! Ob ich das wisse?
Nichts, das ich weniger vermisse!
Es liegt bei Hulsterlo, bei
einem Moor, in einer Wüstenei.
Wie oft ich dort nicht Hunger litt,
Kälte und Armut im Kriekepit!
Tage gab es, dass ich fast krepierte,
während er den Bauch sich schmierte.
Falschmünzerei hat er betrieben!
Wo ist das ganze Geld geblieben?
Ich stand noch nicht mit einem Hund,
mit Namen Rein, in einem Bund:
Während ich studiere für Kaplan,
zahlt der das Schulgeld, ab und an."
Reynaert höhnte: Unser kleiner Rein!
Das liebe Tier! Das Hündelein!
Wenn es aber Gott so wollte,
dass er hier bezeugen sollte,
hätte er mit ein, zwei Sätzen
Zweifel ausgeräumt beim allerletzten.
Cuwaert! Eine dreiste Unverschämtheit!
Zwischen uns gab es nie Streit!
Schleich dich wieder zum Gesinde.
Darf ich bitten, schleichgeschwinde.
Deinen Termin hast du gekriegt,
der König braucht dich weiter nicht".
Cuwaert kehrte auf den Socken um
und verließ das Gremium.
 "Wenn es Ihro Majestät behagt,
die volle Wahrheit habe ich gesagt".
"Verzeih‘, dass ich dir Unrecht tat
und dir misstraute. Nun zu meinem Rat:
Sieh zu, dass wir gemeinsam gehen
zum Brunnen, wo die Birken stehen,
dort, wo der Schatz vergraben liegt".
Reyn dachte: "Fast hat er es hingekriegt",
aber er sagte: "Ich wäre froh,
könnte ich mit Majestät nach Hulsterlo.
Leider liegt die Sache nicht so 
einfach. Wenn es anders stünde,
wär' es nicht so schwere Sünde,
doch ich gestehe Ihnen gleich,
auch wenn‘s mir nicht zur Ehre reicht:
Als Isengrim (in 7 Teufels Namen)
und ich unter die Mönche kamen
und ich ihm schor die Mönchsfrisur,
da heulte er: "Hier werden nur
 ganz kleine Teller ausgegeben!"
(Von einem konnten VII Mönche leben.)
Er müsse Hungers sterben! Der arme
heult so sehr, dass es mich barmte.
Sein Stöhnen, seine Magerkeit -
er tat mir, seinem Neffen, Leid.
Regelwidrig half ich fliehen! Keiner kann
mehr mit mir gehen, mit des Papstes Bann
bin ich belegt! Morgen, in der Herrgottsfrühe,
ziehe ich mit Not und Mühe
nach Rom um Ablass. Dann, zum fernen Strand
ziehe ich weiter, in‘s Gelobte Land.
Erst wenn ich Buße hab' getan, der Bann
ist aufgehoben und ich gehen kann
mit Ihnen und dem Volke hoch und nieder,
komm' ich aus der Bannfahrt wieder.
Gemein mit mir, Gebanntem, fahren?
Gott möge Majestät bewahren".
"Wie lange bist du schon im Bann?"
"Drei Jahre sind es, Sire, dann
hat Herman, der Dekan
von Waas mich in den Bann getan".
"Dann will ich nicht mit dir  gesehen
werden. Ein anderer wird mit mir gehen,
ich überleg' es mir. Vielleicht der Hase Cuwaert.
Dir rate ich zur raschen Pilgerfahrt.
In Jerusalem gekommen,
wird der Bann von dir genommen".
Reynaert sprach: "Dass nichts im Wege steht,
das hoffe ich, jetzt wo es auf die Reise geht".
"Mit des Allerhöchsten Segen",
steht dem Ablass nichts entgegen",
sprach der König: "Zu Nutze und zum Frommen,
wirst du zurück nach Flandern kommen." 
Nun stieg der König aufs Podest,
sonst legt er dort Gesetze fest.
Drum herum im Gras, am Rand,
die Tiere, je nach Herkunft und nach Stand.

Reynaert in tweevoud. Deel 1. Van den vos Reynaerde · dbnl

Neben Reynaert war die Königin getreten.
"Wollen Ihro Gnaden für mich beten,
dass ich die Reise überstehe
und Flandern lebend wiedersehe?".
"Der Herr, der die Geschicke lenkt -
ich bete, dass er dir Vergebung schenkt".
Erleichtert und mit frohem Sinn
wandten sich Nobel und die Königin
den Tieren zu, ob arm, ob reich
und der König sprach sogleich:
"Reynaert ist zu uns gekommen.
sein Leben hat er neu bekommen.
Für ihn gebetet hat die Gattin.
Wisst, dass ich nun mit ihm per Du bin.
Tiefgrabend haben wir gesprochen,
er ist von allem freigesprochen.
Merkt euch: Keiner darf den Fuchs belangen.
Verstanden? Keiner darf den Fuchs belangen,
Keiner sage ich! Bei eurem Leben:
Ihr werdet Ehre seiner Haushalt geben.
Keine Klagen will ich hören
über die Sippe und alle, die dazu gehören.
Er war mal böse, keine Frage.
 doch er bereut. Ich kann euch sagen:
Die Pilgertasche und den Stab wird er empfangen.
Nach Rom und ins Gelobte Land gelangen
das ist sein Ziel. Er will nicht wiederkommen
bevor er nicht den Ablass hat bekommen.


VI

Rache und Flucht

Dem Raben war die Lage klar.
Er flog zum Galgen, wo er zuhause war
und fand, mit Eifer knotend an der Leine,
die drei (geübte Henker waren sie wohl keine).
Der Vogel hatte eine Nachricht:
"Bei meinem Schnabel, seid ihr dämlich!
Am Hofe wurde Reynaert Mundschenk!
Er bestimmt wann was wem einschenkt.
Er bläst (verzeih' mir Bär!) die Backen mächtig
auf und er gehabt sich prächtig!
Der König hat ihn freigesprochen
von allem, was er hat verbrochen.
Keine Frage: Er hat Unheil vorbereitet!
Isengrim, nach wölfischer Gewohnheit,
blaffte Tycelein gleich an:
"Ich bin mir sicher, dass daran
kein wahres Wort ist, Rabe!"
Der Wolf fing trotzdem an zu traben,
so schnell die Pfoten wollten tragen.
Braun hinterher: Es ging um Kopf und Kragen.
Tybeert kroch maunzend auf den Galgen.
Er klammerte sich fest am Balken:
"Wer mit Reynaert sich verbündet,
den Tod durch seine Listen findet!" -
doch lieber hat man seine Haut, als Recht.
So blieb das Auge ungerächt.
Besser war es nichts zu tun,
vielleicht ließ man die Sache ruh‘n.
Inzwischen kämpfte Isengrim sich vor
zur Königin, wobei er den Komment verlor
und Reynaert ohne Hemmung anfuhr.
Er hatte Recht! Zu schade nur:
Es war ein wahres Wort
zur falschen Zeit, am falschen Ort.
Majestät, ohne Manschetten,
legte Isengrim in Ketten.
Braun gleich mit. Sie wurden festgebunden,
festgeschnürt wie Straßenhunde. 
Kein Köter in der Hütte saß im 
Lande fest wie Braun und Isengrim.
Als Gesindel, als Gelumpe zugeschnürt,
keine Pfote haben sie gerührt
während der ganzen langen Nacht.
Was Reynaert dann mit ihnen hat gemacht
war grauenhaft, denn ohne Rücksicht
befahl er, dass man einen Lappen sticht
aus Brauns Rücken, ein Fuß lang und breit -
schon ist die Pilgertasch' bereit.
Noch war Reyn nicht vorbereitet:
IV neue Schuhe, dann wär' er eingekleidet.
Also raunte er zur Königin: "Edle Fraue,
mir fehlen Schuhe. Isgrim hat vier graue.
Befehlen Sie, dass ich zwei nehmen kann:
Ihre Seele kommt sodann
in meine Obhut; jeder Pilger ist der Pate
aller, die ihm Gutes taten.
Gestiefelt werde ich für Ihre Seele beten.
In ein zweites Schuhpaar möcht' ich treten:
Hat die Tante mir die Schuhe abgetreten,
kann ich sie gleichfalls im Gebet vertreten.
Schauen wir, ob mir die Schuhe passen,
Ihre Gemächer muss die Tante nicht verlassen.
"Reynaert", sprach die Königin, "ich sage dir:
Ohne Schuhe gehst du mir
nicht auf die Reise in das Heilige Land.
Ein Kaiser gar, der so sein Ende fand.
Hohe Berge, tiefe Flüsse, feindliche Armeen -
Schuhe und Gebet - ich lass' dich sonst nicht gehen.
Du wünschst, dass ich das meine tue
für vier ordentliche Schuhe?
Das Paar des Wolfes ist dafür gemacht,
fest und zäh, die wahre Pilgertracht".
So wurde leichterhand verfügt,
dass ein paar Schuhe jeweils genügt
für Gatte und Gattin Isengrim.
So machte Reyn, der fromme Pilgerim,
dass Wolf die Stiefel wurden ausgezogen,
das Fell der Pfoten wurde abgezogen.
Wie ein Vogel , der wird aufgebräut,
so schlug er um sich, als er gehäutet
wurde, man ihm die Schuhe nahm,
und Blut ihm aus den Füßen kam.
Reyn konnte ihm die Stiefel rauben,
jetzt muss die Wölfin daran glauben.
Die Hinterläufe wurden ihr gestreckt,
zusammen mit den Klauen abgedeckt.

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Die, sagen wir, Geschmacksverirrung
erheiterte Reyns trübe Stimmung.
Lustvoll fing er an zu plagen,
die Wölfin musste es ertragen.
"Tante", sprach er, "liebe Tante!
Wir trieben es, seit wir uns kannten.
Du tatst du mir sogar Leid! Doch heute
bin ich wegen dir erfreut,
weil in der Sippe du die liebste bist,
dein Glück mir eine Herzenssache ist.
Ich will mir deine Schuhe überziehen,
und vor dem heilgen Vater knien
und um Ablass bitten aller Sünden. Meine
Sünden, aber mehr noch deine!
Um Ablass, weil ich dir die Sohlen gerbe"!
Die Wölfin wollte schier vor Schmerzen sterben
und sie konnte kaum noch sprechen:
"Verfluchter Fuchs, der Herr wird rächen,
was du an uns verbrochen hast!"
Auch Isengrim verging vor Hass.
Er und Bär - sie waren übelst zugerichtet.
Sie hätten Reyn so gern vernichtet!
Tybeert? Wenn er dabei gewesen wäre,
hätte er geteilt in der Misere.
Lasst uns die Zeit nicht überziehen.
Reynaert hat sich Stiefel ausgeliehen,
gewichst und zugebunden vor Beginn
der Reise. Dann zu Nobel und zur Königin.
Reyn, lauter Frömmigkeit im Sinn,
sprach: "Ihnen Herr und Ihrer Gattin - 
Gott möge einen guten Tag bescheren,
Lob Ihnen, Majestäten, Lob und Ehre",
und bat darum, dass man ihm gab
Tasche, Scharpe und Pilgerstab
und bat ergebenst um den Segen
auf allen seinen Pilgerwegen.
Kaplan am Hofe war Belin,
hastig sandte Majestät um ihn
und befahl, als dieser kam:
„Lies einen Text, gib ihm den Pilgerkram“.
"Herr, ich fürchte, dass das so nicht geht,
weil Reyn im Bann des Papstes steht".
"Was soll das", meinte daraufhin der König,
"in Kanterberg, dem Sitz der Lögik,
lehrt Meister Geoffrey: Wer alleine
sündigt wie die ganze Kirchgemeinde,
doch mit Aufrichtigkeit gesteht,
ins Heilige Land zum büßen geht
und die Beicht in Demut will verkünden,
der wird befreit von allen Sünden".
"Keine Weihehandlung werde ich verrichten.
Gebannten müssen auf die Beicht  verzichten",
sagte daraufhin Belin. "Nur auf ein Gesuch der Krone
verleiht man ausnahmsweis' Dispensation".
"Kaplan", erwiderte der König, "denke nicht,
dass ich um Erlaubnis bitt‘ für dich.
Eher erhäng' ich dich, nach alter Sitte.
Ich werde dich nicht zweimal bitten." 
Kaplan Belin war vollends klar,
dass Nobel nicht nach Spaß zumute war
und aus Angst ums liebe Leben
fing er an, am ganzen Leib zu beben.
Am Altar, ohne weiteres Gewese,
fing er an zu singen und zu lesen
alles, was ihm passend schien.
Und als zu guter Letzt Belin
hatte die Oratio getan
hing um Reynaerts Hals der Kapellan
die Pilgertasche aus Brauns Fell
und gab dem abgebrühten Kriminellen

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  den Pilgerstab dazu. Alles war jetzt hergericht',
Reynaert sah mit Tränen im Gesicht
zum König auf. Es war in Wirklichkeit
nur Ärger, weil er die Gelegenheit
verpasste auch noch andre Tiere,
wie Isengrim und Braun zu malträtieren.
Reyn stand auf und bat für ihn zu beten,
so wie er alle wollte im Gebet vertreten.
Nur, die Zeit schien zu verrinnen,
er würde lieber Land gewinnen.
Er sah jetzt überall Gefahr:
Er wusste, dass er schuldig war.
Der König sprach: "Es tut mir Leid,
mein Lieber, dass Ihr so in Eile seid!"
"Nein Majestät, jetzt ist die Zeit gekommen.
Gutes zu tun hab' ich mir vorgenommen,
ich möchte in die Puschen kommen".
"Gott schütze Dich", sagte der König, "so sei es eben."
Nobel befahl dem Roten das Geleit zu geben,
doch ohne die Gehäuteten. Reynaert war nun Pilgrim,
doch Onkel Braun und Onkel Isengrim
lagen schimpflich festgebunden
krank vor Schmerz aus ihren Wunden.
Von Polen bis hinauf nach Schottland:
Ich bin mir sicher, es gab niemand,
auch den größten Griesgram nicht,
ohne ein Grinsen im Gesicht,
in den Stiefeln und stolzierte
wenn er sähe, wie der Räuber paradierte
mit Scharpe, Pilgertasch und Stab 
und den wahren Pilger gab.
Reynaert lachte innerlich
als er mit Genuss verglich
die Paladine, wie sie freudig mit ihm gingen
und wie sie feurig wünschten, dass er hinge.
Dann sprach er: "Majestät, es tut mir Leid,
die Strecke ist für Sie zu weit.
Es könnt' sogar gefährlich sein.
Die Gauner sind jetzt ganz allein!
Zwei Mörder haben Sie gefangen,
Freiheit wollen die erlangen!
Dann wird noch größer die Gefahr,
als sie ohnehin schon war.
Passen Sie bitte auf sich auf! "
Sich stützend auf dem Pilgerknauf,
stand er auf den Hinterbeinen
und ermahnte alle Tiere, große, kleine,
dass sie alle für ihn beten,
so könne er sie im Gebet vertreten.
Es gibt Versprechen, die man gibt,
weil man sich nichts dabei vergibt.
Hört zu, was Reynaert weiter tat -
bodenlos war der Verrat.
Beim Abschied überkam ihm Trauer,
fast würde man den Fuchs bedauern.
Cuwaert, zum Beispiel, jammerte er an:
Cuwaert! Du warst mein bester Mann!
O weh! viel Freude hast du mir bereitet,
umwille deiner Seele: Will mir jetzt begleiten!
Kaplan Belin steht uns zur Seite,
niemals wollten wir uns streiten!
Geht noch ein wenig mit mir weiter -
Eure Freundschaft macht mich heiter!
Mit allen Tieren seid ihr Freund und
einwandfrei ist euer Leumund.
Immer habt ihr Laub und Gras gefressen,
nie habt ihr tierisches gegessen."
So lockte Reynaert auf die Reise
die beiden einfachen im Geiste.
Vor Manpertus' Tor blieb Reynaert stehen.
"Weiter kann nur Cuwaert gehen.
Sie, Kaplan, Sie bitten ihn,
dass er tröste Hermeline
und die lieben Füchslein, meine kleinen,
damit beim Abschied sie nicht weinen.
Der Geistliche sprach ohne Ahnung
eine passende Ermahnung.
Reyn, mit List, Durchtriebenheit,
und schönen Reden, brachte es so weit,
dass Cuwaert in die Höhle stieg hinein.
Drinnen fanden sie die Füchslein
und die Mutter, Fähe Hermeline,
Trauer und Trübsal hatte sie im Sinne,
weil Reynaert nie mehr wieder käme
Jetzt aber konnte sie vernehmen
wie erzurück kam und den Pilger gab
mit Scharpe, Tasche und mit Pilgerstab.
Aus dem Staunen kam sie nicht heraus.
"Reynaert! Wie hast du es geschafft nach Hause?
Hat man dich vom Strick genommen?
Reynaert! Gott sei Dank! Du bist entkommen!" 
Reynaert sprach: "Ich muss nicht fliehen,
Majestät hat mir verziehen,
doch als Pilger muss ich reisen,
Isengrim und Braun sind meine Geiseln.
Majestät, er möge lange leben,
hat mir den Hasen Cuwaert mitgegeben
als Sühneopfer, um mit ihm zu tun
wie mir beliebt. Er sühnt damit,...äh…nun,
dass es der Hase war, der sehr beredt,
mich angeschwärzt hat bei der Majestät.
Und, weil ich es dir schuldig bin,
verdient der Hase Strafe, Hermeline.
Ich bin ihm nämlich sehr, sehr gram!
Als Cuwaert diesen Spruch vernahm,
begriff der Hase: Weg von hier
und ergriff das Hasenpanier.
Leider war es seine letzte Tat,
abgrundtief war Reyns Verrat.
Im Ausgang stand der Fuchs im nu
und drückte ihm die Gurgel zu.
Der Hase stöhnte jämmerlich:
"Belin! Mein Bruder! Hörst du mich?
Cuwaert ist in größter Not!
Dieser Pilger beißt mich tot!"
Cuwaerts Schreien endete im Zischen -
Reyn hatte ihm die Gurgel abgebissen.

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Darauf,hin mit sehr zufriedener Miene,
rief er: "Kinder! Hasenkeule! Hermeline!"
Familie Fuchs versammelte sich um die Beute.
Hasenschmaus! Was für ein Glückstag heute!
Cuwaert, der so schändlich war entleibt,
tat keinem Leid. Hermeline, Reynaerts Weib,
aß das Fleisch und trank das Blut
und dankte vielmals. Das tat gut!
Das also war der Füchse Dank
für des Königs Speis und Trank.
Reynaert schwadronierte: Auf König Nobel
wartet kein Geschenk aus Zobel.
Er wird liebend gern verzichten,
wenn man die Gabe wird errichten.
"Was für Gabe? " wollte Hermeline fragen.
"Eine Gabe ist's zum tragen.
Ein Seil, ein Balken und zwei Pfosten,
mich wird es den Kopf nicht kosten.
Rechtzeitig werde ich entkommen,
Nobel wird nicht länger ernst genommen.
Er kann mich mal, so wie ich ihn.“
"Was meinst du Reynaert?", fragte Hermeline.
"Ich kenne eine Wildnis, Büsche und Heide,
dort gibt es Deckung für uns beide,
dort gibt es Hühner und Fasane,
Gänse, Trappen, sogar Krane.
Meine liebe Hermeline,
willst du dorthin mit mir ziehen?
Es ist gut leben dort! Und in keinen VII Jahren
wird einer was davon erfahren!
Wir werden leben gut und fein,
zumindest wird viel Zeit vergangen sein."
"Ach Reynaert", sagte Hermeline,
"Endlich hast du Stab und Pelerine,
mir scheint, die Mühe ist verloren,
du hast ja immerhin geschworen:
Lieber wolltest du im Jordan baden,
als versauern an hieswigen Gestaden.
Deshalb du Stab und Tasche hast!"
Reyn erwiderte gefasst:
"Mehr versprochen, mehr gebrochen!
Ein Philosoph hat mal berichtet,
Versprechen unter Zwang sind nichtig.
Wenn ich die Pilgerfahrt vollbringe,
sie wird mir sowieso nichts bringen.
Nobel hab' ich einen Schatz versprochen -
ich habe keinen. Das Versprechen ist gebrochen.
Der Gotenschatz, sehr hat er ihn begehrt!
Wenn er die Wahrheit ungeschönt erfährt -
sein Hass wird unermesslich sein,
das Königreich ist dann zu klein.
Deswegen überleg ich mir,
alles besser, als das Leben hier!
Keiner wird mich überreden,
keine Drohung, keine süßen Reden,
vom Kater, Dachs, von Oheim Bär,
bei meinem Bart, ich mag nicht mehr.
Dass ich mich in seine Macht begebe -
kein zweites Mal, so lang ich lebe!“
Der Widder sorgte sich um den Genossen,
zu lange blieb das Tor geschlossen.
Also rief er, ziemlich kregel:
„Soll es doch der Teufel regeln!
Zeigt Reynaert dir die Jagdtrophäen?
Komm doch raus und lasst uns gehen!“
Reynaert hatte das vernommen,
und ist schnell heraus gekommen.
"Dass Cuwaert mit der Tante spricht,
sag, das ärgert dich doch nicht?
Cuwaert bittet, geh' du schon mal voraus,
das lange Warten hält ein Ramm nicht aus.
Er möchte noch bei Tante Hermeline sein
und bei den süßen Kinderlein,
die jammern und die weinen, groß und klein:
lange wird der Vater auf der Reise sein.
Doch Belin sprach: "Reynaert, Mann,
tatst du dem Hasen etwas an?
Ich konnte ihn zwar schlecht verstehen,
mir schien, ich hörte ihn um Hilfe flehen.
"Belin", sprach Reyn, "in Gottes Namen,
ich sag', woher die Rufe kamen.
Als ich zurück nach Hause kam
und Hermine voller Schreck vernahm,
dass ich muss fahren ins Heilige Land,
das brachte sie um den Verstand,
so dass sie prompt in Ohnmacht fiel.
Cuwaert, dem braven, wurde es zu viel,
'Belin wo bist du, bist du hier?
Komm, bitte komm! und hilf doch mir!
Die Frau des Pilgers scheint mir tot!'"
"Das stimmt, er rief etwas von "tot"
und ich hörte ein Geschrei
als ob ihm etwas zugestoßen sei".
Reynwinkte ab: "Belin, bestimmt nicht,
ich bin enttäuscht! Du kränkst mich.
Lieber, dass den Kindern etwas widerfährt,
als dass Freund Cuwaert wird versehrt.
Hast du aber mitbekommen,
dass Nobel mich beiseite hat genommen,
der höchste Adel war dabei,
als er mich bat, auf Bitten der Kanzlei,
dass ich ein Dokument verfertige für ihn?
Kannst du das überbringen, Freund Belin?
Das Stück ist fertig und es liegt bereit".
Belin erwiderte: "Ich bin nicht sehr gescheit.
Ist im Brief nichts wider Gesetz und Sitten,
brauchst du mich nicht zwei Mal bitten.
Ich habe nichts dabei. Wo tu ich‘s rein?"
"Daran wird‘s nicht scheitern", sagte Reyn.
"Das Dokument muss unbedingt noch raus,
ich leihe dir die Tasche an der Schärpe aus,
die ich sonst bei mir habe, als
sei's das gold'ne Vlies. Um den Hals
 trägt man sie. Darin befindet sich die Rolle,
das königliche Stück, er wird es sehen wollen.
Dein Schaden wird's gewiss nicht sein,
mit Sicherheit bringt es was ein."

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Widder Belin, der Hofkaplan,
war einverstanden mit dem Plan.
Reyn kroch zur Burg, dann wieder zu Belin,
der Kopf des Hasen unter einer Pelerine.
Belin bekam die Schärpe um den Hals
Reynaert warnte: Nichts so sittenwidrig, als
sich fremde Briefe an zu schauen,
die Verpackung sei kein Mangel an Vertrauen.
Ob Belin den König liebe? Gunst erwerben wolle,
Reichtum? Dass er dann sagen solle,
dass er das Stück  allein gemacht
und sich den Inhalt ausgedacht.
Für Majestät war Lernbegierde
für den Klerus eine Zierde.
Belin begriff und hüpfte wo er stand,
so toll er diese Chance fand.
Er wurde nicht gehindert durch Verstand:
"Das geht herum am Hofe, bis ganz oben!
Zweifellos wird man mich loben!
Es kommt voran, wer schreiben kann,
leider mangelt's mir daran.
'Gott schenkt Ehre', sagte mal ein kluger Mann,
manchmal dem, der wenig kann.'" -
 "Der Hase, kommt er auch mit mir?"
"Cuwaert kommt bestimmt mit dir,
er kann dich aber nicht begleiten,
doch sei gewiss, er kommt beizeiten.
Geh du mal auf dem Weg voraus,
Gott sei Dank kennst du dich aus.
Cuwaert hat dank mir erfahren
Geheimnisse, die ihm verborgen waren."
"Auf allen deinen Wegen
 wünsch‘ ich dir Gottes Segen",
sprach fromm der Kapellan
und trat darauf den Rückweg an.
Was machte Reynaert noch?
Er kehrte wieder in sein Loch
und sagte: "Kummer wartet uns und Pein,
wir können hier nicht länger sein.
Macht euch bereit, Frau Hermeline,
Kinder, macht nicht solche Mienen.
Folgt nun mir, folgt eurem Vater
und hört auf mit dem Theater.
Wenn wir nicht sofort entkommen,
wird uns nicht nur die Burg genommen."
Vorbei war jetzt die Tändelei,
die Füchse zogen in die Wüstenei. 
Belin, der Widder, wollte sich nicht schonen,
als er ankam war es nach der None.
Der König sah die Tasche wiederkommen,
die zuvor dem Bären ward genommen.
"Kaplan Belin, wo kommst du her?
Sag nicht, dass Reynaert wiederkehrt!
Wieso trägt er die Tasche nicht?"
"Mein König, all' was ich weiß erzähle ich.
Reyn wollte vor der Reise etwas  bleiben,
um Ihnen einen Brief zu schreiben.
Ob ich Ihnen diesen übergäbe?
Ich sagte 'für mein Leben
gerne! Mehr als 7 Briefe
überbringe ich, der Majestät zuliebe.'
Nur, dass er keinen Umschlag fand,
er hatte keine Tasche bei der Hand.
Die Pilgertasche hat er mir gebracht,
darin hab‘ ich den Brief nun überbracht.
Nie ist ein solcher Brief geschrieben
worden! Ausgefertigt Ihro Majestät zuliebe!
Ich hoffe, dass das Dokument gefällt,
ich hab' es selber aufgestellt".
Nobel hat darauf gebeten
den Affen Botsaert vorzutreten.
Affe Botsaert war am Hofe Sekretär.
Er und der Esel regelten den Schriftverkehr.
Von der Depesche wurde nun Belin befreit
von der, in seiner Dummheit, er so breit
 geleiert hatte, dass man ihn bedauern muss.
 Botsaert, der Sekretär, empfing das Opus:

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Cuwaerts Schädel kam zum Vorschein.
"Deus meus! Das soll ein Dokument sein?
Majestät, Sie werden es ungerne hören,
bei allen Heiligen, ich schwöre!
Cuwaerts Kopf! Er wurde abgehauen!
Weh mir! Füchsen kann man nicht vertrauen!"
An diesem Tiefpunkt angekommen,
senkte Majestät das Haupt, völlig mitgenommen.
Dann hat der Fürst das Haupt erhoben
um sich in einem Brüllen auszutoben.
Solch ein Brüllen ward noch nie vernommen,
vor Entsetzen war der Hof benommen.
Dann trat Fyrapeel, der Leopard, hervor,
als Verwandter hatte er des Königs Ohr.
Er konnte sich etwas erlauben,
er konnte auf die Pauke hauen.
"Majestät", so sagte er, "die Erde hat gebebt!
Man meinte fast, die Gattin hätte abgelebt.
Majestät beherrschen lieber den Verdruss,
weil man die Rache  kalt genießen muss."
Der König sprach "Ich sag' es ungelogen
mich hat der Fuchs dermaßen betrogen,
ich bin rasend, wem kann ich noch vertrauen?
Ich würde ihn am liebsten in die Pfanne hauen.
Er hat mich listig in den Hinterhalt gelockt,
 ich hab's mir selber eingebrockt!
Es war zu spät, als ich verstand,
wer mir als Freund zur Seite stand.
Er hat genommen, dieser "Pilgrim",
die Ehre und die Freunde Braun und Isgrim!
Diesen Schmach noch zu erleben,
nicht die Ehre, es geht um's Leben!"
Fyrapeel zog ihn herunter von der Bühne:
"Die Tat geschah, das ruft nach Sühne,
doch ich möchte, dass Sie sich besinnen.
Rache bringt’s nicht. Besser: Neu beginnen.
Bär und Wolf lassen Sie zu sich bringen,
auch mit der Wölfin wird's gelingen.
Dann bieten Majestät Versöhnung an.
Als Sühne für das  Leid nehmen wir Kaplan
Belin. Mit sanftem Druck wird er gestehen.
Sich opfern – fachlich kann er es verstehen.
Anschließend, ohne viel zu fragen,
werden wir den Pilger jagen.
Haben wir den Fuchs einmal gefangen,
so wird er an der Kehle hangen.
Einfach so, man nennt es Standrecht."
"Es wäre eher schlecht als recht,
doch manchmal ist das Recht wohlfeil.
Wenn es gelänge, wäre ein Teil
der Schmerzen mir gelindert."
"Ich hätte Schlimmeres verhindert",
sprach Fyrapeel. "Ich mache mich bereit,
damit wir Sühne finden für das Leid."
Fort schlich Fyrapeel, geschmeidig,
und fand die beiden, festgeschnürt, beleidigt,
die er dann sofort entband,
als er sie festgebunden fand.
Dann sprach er: "Edle Herren, seit bereit!
Ich bringe Frieden Euch und Freiheit!
Der König - er entbietet seinen Gruß -
empfindet, dass er um Verzeihung bitten muss,
für all das, was man Ihnen hat getan.
Er bietet seine Sühne an.
Willigt ein! "Geschehen" heißt "gewesen",
der Dienst vorüber, wenn die Mess' gelesen.
Dafür werden Sie Belin, den alten
und alle aus Belins Geschlecht erhalten.
Bis zum jüngsten Tag, im Felde wie im Wald,
egal wo Sie sie finden, machen Sie sie kalt.
Zerbeißt sie, wie es Euch gelüstet,
und zerreißt sie, Ihr seid dafür gerüstet.
Gleichfalls bietet er: Dass an allen Tagen
Sie straflos Reyn und seine Magen
quälen können ohne fragen,
es wird seiner Majestät behagen.
Der Fürst möcht' diese beiden Lehen
heute Euch auf ewig geben.
Doch in dankbarem Gedenken
erwartet er, dass Sie ihm schenken
Treue auf ewig. Fällt er dafür ein Urteil,
so sein Lehen, ist's nie zu Ihrem Nachteil.
Nehmen Sie es an und leben Sie in Gnaden,
bei Gott, zu Besserem kann ich nicht raten.
Isengrim sprach nun zum Bären:
"Herr Bär, mein lieber, kann‘s verkehren?"
"Lieber als in Fesseln, liege ich auf Stroh.
Kein Streit mit Fürstenblut, ist es nicht so?
Nichts geschenkt kriegt man hienieden.
Wir schließen mit dem König Frieden."
Sie schickten Fyrapeel voraus.
Mit dem König söhnten sie sich aus.


















Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...