Freitag, 15. März 2019

P.C. Boutens. Christ, Symbolist, Platonist.


Ähnliches Foto
P. C. Boutens
1870 – 1943

Pieter Cornelis Boutens gehört zur Nachfolgegeneration der Dichter der achtziger Jahre. Von diesen übernahm er die Neigung zu Wortneuschöpfungen und -zusammensetzungen. Inhaltlich wollte er es nicht beim allerpersönlichsten Eindruck und beim allerpersönlichsten Gefühl belassen. Es ging ihm um die platonische Idee der Schönheit, der Wahrheit, der Liebe, wie nur der Dichter sie erleben kann. Seine Arbeiten sind schwer zugänglich, trotzdem gehören einige seiner Gedichte zu den bekanntesten und beliebtesten der niederländischen Poesie, wie das hier übersetzte "Guter Tod". Wie vor ihm Gezelle, war Boutens Lehrer an einem Institut für Knaben. War Gezelle streng katholisch, Boutens stammte aus einem steif evangelischen Milieu. Das Christentum blieb Zeit seines Lebens einer der Quellen seiner Denk- und Sprachwelt, z.B. auch im Gedicht "Guter Tod": "Land von Most, Getreide" (Joell, 2:19). Boutens war Altphilologe, er unterrichtete 1894-1904 an einem vornehmen Kolleg im vornehmen Ort Voorschoten. Wie Gezelle fand er unter den Schülern Verehrer, wie den jungen Baron van Herzeele, dessen Mittel es ihm erlaubten dem Dichter eine Villa in den Haag zur Verfügung zu stellen und ihn im späteren Leben als Privatier zu unterstützen.
1919 veröffentlichte er die "Nachgelassenen Strophen des Andries de Hoghe". Nur unter dieser Verstellung war es Boutens möglich, seine Schuldgefühle einem jungen Author gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dessen Gedichte er einmal schroff abgelehnt hatte, obwohl er sie, wie ihm später klar wurde, hätte erkennen müssen als einen Versuch, ihm, dem berühmten Dichter, für offenherzigere, aber noch nicht gezeigte Gedichte zu interessieren. Der junge Dichter brachte sich wenig später um und Boutens litt lebenslänglich unter Schuldgefühlen. Die Strophen sind in ihrer Art expliziter als Boutens sonstige Arbeiten, aber er konnte nie zugeben, der Autor der "Strophen" zu sein. Vielleicht empfand er es als eine Art Buße, die eigene Natur am Besten zum Ausdruck gebracht zu haben in Gedichten dessen Autorschaft er leugnete*. Wie richtig Boutens lag mit seiner Einschätzung geht schon daraus hervor, dass die Regierung 1930 sich weigerte Boutens eine königliche Auszeichnung zu zuerkennen, aufgrund von hartnäckigen "Gerüchten".
Ein Fragment der neunten Strophe des Andries de Hoghe habe ich hierunter versucht zu übersetzen. Für Germanisten ist vielleicht noch interessant zu erwähnen, dass Boutens intensive Kontakte mit von Hoffmannsthal pflegte. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Hoffmannsthal den "Jedermann" bearbeitete, während Boutens sich das mittelalterliche Spiel "Beatrijs" vorgenommen hat.

Guter Tod

Guter Tod, wes reines Pfeifen
Ins erstillte Leben sticht,
Der zum lächelnden Begreifen
Junge, Schöne, gleich besticht,

Für den lachend Kinder, Weise
Hören auf zu lesen, spielen,
Vor dem einzig Zittergreise
In der klammen Klause trielen.

Mir ist jeder Tag verleidet,
Der dein Locken nicht vernimmt;
Dieses Land von Most, Getreide -
Es ist schön, doch nicht für mich bestimmt;

Niemals konnte ich hier trinken
Seelentrunk, nach dem es mich verlangt,
Oder hörte ich dich singen,
Nie dein fernes Lied erklang.

Alles Schöne, das die Erd' kann geben,
Ist nur ein Weg, der zu dir führt,
Und nur dann ist Leben Leben,
Wenn es uns zu Tode rührt.


Goede Dood, aus: Stemmen (1907)

*diese Daten entnehme ich Polak und Goddijn, in ihrem Blogspot "Boutens"

Übersetzung Jaap Hoepelman, März 2019



...
Und andre mittlerweil', wie finstre Schemen,
Augen hinter Schattenlarve schwelend,
schleichen und gleiten durch das dichteste Gewühle,
und oft mir nähert sich unmerklich eine Geste
dem dumpfen Grienen gleich: "Du bist einer wie wir"-
und von den Lippen tropft heiseres Geflüster,
Sprache in der ein Mensch nicht singen kann,
 ...
Übersetzung Jaap Hoepelman März 2019

...
En andren onderwijl, als duistre schimmen,
met oogen achter schaduwmom versmeuld,
sluipen en duiken door het dichtst gewoel,
en vaak benadert mij hun half gebaar
als een dof grijnzen: 'gij zijt één van ons'-
en van hun lippen valt een heesch gefluister,
een taal waarin geen schepsel zingen kan,
...

Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...