Montag, 22. Februar 2021

Boutens: Die Wertschätzung kommt mit dem Alter.


 Pieter Cornelis Boutens 1870-1943

Pieter Cornelis Boutens war eine wichtige Gestalt der niederländischen Literatur, Ende des 19. , Anfang des 20. Jahrhunderts. Einige seiner Gedichte habe ich in diesem Blog übersetzt und einiges zur Person hinzugefügt. Eigentlich konnte ich mich lange nicht mit seiner Kunst anfreunden, zu literarisch-dichterisch, zu abgehoben waren seine Gedichte nach meinem Geschmack, in einer Zeit, in der z. B. van Ostaijen unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges der niederländischen Poesie eine völlig neue Richtung gab. Trotzdem - es sind kräftige und schöne darunter, ich habe versucht von einigen bekannten einen Eindruck zu geben. Mit "Lethe", obwohl auch sehr bekannt,  konnte ich bis vor kurzem nichts anfangen, aber jetzt bin ich selber im richtigen Alter und siehe! das Gedicht ist schön, perfekt und wahr. Was kann man mehr verlangen? Mea Culpa!


Boutens


Lethe

 

Wie, über den blinden, brennenden Basalt

Kann ich den Weg zur Lethe finden?

Oh, dass die Gedanken schwinden,

Noch vor dem Abendfall.

 

Ich weiß, dass Tod und Dunkel kommen,

Wenn Tages Blendlicht einmal war,

Doch ich will Ruhe, tief und klar,

Und jeder Traum von mir genommen.

 

Denn wer, wie ich, von Kind bis Knabe,

Von Mann bis Graubart darbt,

Liegt, wenn er denn des Todes starb,

Nur ruhelos im Grabe...

 

Die süße Macht des Lachens und der Tränen

Gab mir und nahm mir's Leben

Doch meine Augen konnten sehen    

Und stets die Füße gehen

 

Wie oft zog seitdem, ob ich saß, ob ging,

Vor meinem wachen Auge, einerlei

Der lange Zug vorbei

Erinnerung an Lust, die nie verging?

 

Warum nur muss ich ständig sehen, was ich weiß?

Alles rettungslos Vollbrachte,

Alles rettungslos Gedachte:

Wen kümmern noch die Taten eines Greis'?


Oh, bevor der Tod die Glieder bindet

Und sie für ewig bettet  

Gibt's nichts, das mir das Auge rettet,  

Und aus dem Alb den Ausweg findet?

 

Oh klare Seele, rotes Blut,

Oh Herz, das irr dazwischen liegt

Gibt's keinen, der in Schlaf euch wiegt

Zusammen und für gut? 

                                                    

Mein Fuß kann vor dem Abendfall

Noch viele Meilen gehen.

Hilft keiner mir begehen

Den Weg in Lethes Tal?

 

Wer, über den blinden, brennenden Basalt

Hilft mir zur Lethe finden?

Oh, dass die Gedanken schwinden

Noch vor dem Abendfall!


Aus "Stemmen", 1907


Übersetzung Jaap Hoepelman,  Februar 2021

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