Samstag, 24. Februar 2018

P. N. van Eyck, der Gärtner und das P-Wort

                                        
 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/80/PNvanEyck1914.gif


Pieter Nicolaas van Eyck (1887-1954) war Dichter, Kritiker und Professor an der Universität Leiden. Ein einflußreicher Mann, erster Träger des Constantijn Huygens Literaturpreises. Seine Arbeiten werden eigentlich kaum noch gelesen und seine Auffassung vom Dichter als von einem über die Massen erhabenem Seher kommt heute nicht mehr gut an. Um so vergnügter hat man festgestellt, dass sein Gedicht "Der Gärtner und der Tod" ein Fragment des Romans  "Le grand écart" von Jean Cocteau nacherzählt. Gravitätisch bedauerte man, nicht umhin zu können, von einem Plagiat zu sprechen, ein Urteil, das ziemlich tödlich ist in einem Land, in dem es von überoriginellen Literaten nur so wimmelt und das deswegen gerne wiederholt wird. Ich kann dem überhaupt nichts abgewinnen. La Fontaine hat Aisopos nacherzählt, Shakespeare bediente sich wo es ihm beliebte, wie  auch Goethe, Hofmannsthal, Kehlmann usw., Mozart nahm Clementi, Brahms Beethoven, alle schreiben ab bei Homer und Bibel, auch die Maler genierten sich nicht - alles böse, böse Plagiatoren. Nur die Literaturkritiker versündigten sich nicht, trugen dafür aber wenig zur Literatur bei. Vielleicht sollten wir uns lieber darüber freuen, dass es dem verkopften, trockenen Professor gelang, aus Cocteaus glanzloser Nacherzählung ein ausgesprochen elegantes kleines Gedicht zu kreieren. Wenigstens einmal. Es ist nicht umsonst, dass das Gedicht zu den beliebtesten der Literatur der Niederlande gehört. Es ist die alte Geschichte von einem Menschen, der verzweifelt versucht dem Tod zu entkommen und diesem dadurch natürlich regelrecht in die Arme läuft. Die Geschichte geht mindestens zurück auf den Babylonischen Talmud, wurde vom persischen Dichter Rumi übernommen und vom französischen Multitalent Cocteau folgendermaßen von Jerusalem nach Persien transponiert:
Un jeune jardinier persan dit à son prince: “J’ai rencontré la Mort ce matin. Elle m’a fait un geste de menace. Sauve-moi! Je voudrais être par miracle, à Ispahan ce soir.”
Le bon prince prête ses chevaux. L’après-midi, ce prince rencontre la Mort. “Pourquoi lui demande-t-il avez-vous fait ce matin, à notre jardinier, un geste de menace?”
“Je n’ai pas fait un geste de menace,” répond-elle, “mais un geste de surprise. Car je le voyais loin d’Ispahan ce matin et je dois le prendre à Ispahan ce soir.”

Und hier ist van Eycks Darstellung. Besser, oder? Viel besser:

Der Gärtner und der Tod

Ein persischer Adliger:

Heut' Morgen stürzt mein Gärtner, die Züge schreckverzerrt,
hinein in mein Gemach: "Verzeihen Sie mir Herr!

Im Rosengarten Herr, schnitt' ich Gebüsch ins Lot,
dann schaut' ich hinter mir. Da stand der Tod.

Erschrocken rannt' ich fort bis ich den Ausgang fand,
doch sah gerade noch die Drohung seiner Hand.

Herr, Herr, ich fleh' Sie an, Ihr Pferd, dass ich die Sporne streiche,
damit, bevor der Abend fällt, ich Isfahan erreiche!" -

Heut' Mittag (längst war der Gärtner fort)
begegne ich dem Tod an ebendiesem Ort.

"Warum", so frage ich, denn wartend steht er still aufrecht,
"heut' Morgen zeigtet Ihr die Drohung meinem Knecht?"
 
Mit einem Schmunzeln spricht er: "Nein, kein Drohen
vor dem beim Rosenbeet Ihr Gärtner ist geflohen.

Ich war verblüfft, als heute früh hier hat sein Werk getan,
den ich am Abend holen sollt' in Isfahan."

 P.N. van Eyck 1926

De tuinman en de dood

Übersetzung J. Hoepelman August 2017

Focquenbroch. Ein böser Bub aus dem 17. Jahrhundert, oder Fumus Gloria Mundi

     Willem Godschalck van Fockenbroch  1640-1670 Dichter sind Außenseiter. In diesem Blog haben wir sie kennengelernt: Piet Paaltjens , de ...