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Freitag, 2. März 2018

Han G. Hoekstra. Die Zeder. Noch etwas über Kinderpoesie.


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Mit Wilmink, Annie M.G. Schmidt und Simon Carmiggelt gehört Han G. Hoekstra zu einer Generation Dichter, Journalisten und Kabarettisten, die in der Nachkriegszeit aktiv und erfolgreich waren, häufig in Verbindung mit der während des Krieges illegalen Zeitung "Het Parool". Sie hatten wenig mit experimenteller Poesie zu tun, sondern eher mit "Gebrauchspoesie", die z.B. an Kästner erinnert. Einige schrieben viel Prosa und Poesie für Kinder, nicht nur Hoekstra, sondern auch Annie M.G. Schmidt hat hier Großes geleistet. Der braven Angepasstheit der Kinderdichtung wurde mit ihren Arbeiten ein Ende gemacht. Der neue freche, aufsässige, unkonventionelle und sehr witzige Stil geht schon allein aus Aufmachung, Grafik und Titel der neuen Bücher hervor. Als Kind habe ich es genossen. Hier nur ein Beispiel:
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"Die Pudelmütze des Prinzen Karl, und viel mehr"

Auch Hoekstra hat viel für Kinder geschrieben, aber seine allgemein beliebte "Zeder" gehört nicht dazu. Die Gedichtform ist die eines klassischen Rondells, so dass auch die Kulturbeflissenen auf ihre Kosten kommen.
1972 bekam Hoekstra den Huygens-Preis für sein Gesamtwerk.


Han G. Hoekstra (1906-1988)

Die Zeder

Ich habe eine Zeder in den Hof gepflanzt,
Du kannst sie sehen, mir scheint, Du willst nur nicht.
Ein Hinterhof maulst Du, mit Schlacken, Kericht,
und Schimmel hat die blinde Mauer zugepflastert.
Da ist kein Baum, nur grauer Anstrich.
Es gibt ihn wohl, behaupt' ich zittrig.
Ich habe eine Zeder in den Hof gepflanzt,
Du kannst sie sehen, mir scheint, Du willst nur nicht.

Ich zeig' nach draußen, wo schlank und jugendlich
ihr Stamm sich streckt, im Abendlicht,
unnahbar und vom Schicksal unbetastet,
Mächte dieser Welt erschüttern diesen Traum nicht.
Ich habe eine Zeder in den Hof gepflanzt.


Han G. Hoekstra (1906-1988)

Uit: Panopticum (1946)
Uitgever: Amsterdam

Vertaling Jaap Hoepelman November 2017

De Ceder

Montag, 29. Juni 2020

Han G. Hoekstra. Das niederländische Kinderbuch (für unartige Kinder)

Han G. Hoekstra-biografie | Joke Linders
Han G. Hoekstra
1906-1988

Hieronymus van Alphens Kindergedichte waren für artige Kinder der besseren Kreise geschrieben. Passende Lektüre und liebevolle Ermahnungen sollten die kindliche Entwicklung in die gewünschte Richtung lenken und die elterliche Autorität war die elterliche Autorität war die elterliche Autorität. Nach 170 Jahre voller Krisen und Kriege war davon nicht mehr viel übrig. 1947 schuf der Dichter-Journalist Han G. Hoekstra mit "Het verloren schaap" ("Das verlorene Schaf") eine Sammlung Kindergedichte, in dem zum ersten Mal in den Niederlanden nicht die artigen, sondern die unartigen Kinder im Mittelpunkt standen und die Unartigkeit gepriesen wurde. "Spielt mal mit den Schmuddelkindern" könnte man sagen. Hoekstras Gedicht für Erwachsene "Die Zeder" gehört übrigens zu den beliebtesten der niederländischen Literatur.
Während der Kriegszeit hatte Hoekstra sich geweigert in die sg. "Kulturkammer" einzutreten, in der die niederländischen Künstler gleichgeschaltet werden sollten. Er konnte also nicht mehr veröffentlichen und fing an für die eigenen Kinder Gedichte zu schreiben. Hoekstra gehörte zur Redaktion der ehemaligen Widerstandszeitung "het Parool", die eine wichtige rolle spielte in der Nachkriegsliteratur mit u.a. Simon Carmiggelt, Annie M. G. Schmidt und Zeichnern wie Fiep Westendorp
In 10 stappen succesvol illustrator worden
und
Wim Bijmoer.





De Kinderen uit de Rozenstraat
Die Kinder aus der Rosenstrasse.

Die Kinder aus der Rozenstraat,
die haben immer schwarze Knie,
sie haben meistens Löcher in den Ärmeln
und putzen sich die Zähne nie.

Die Kinder aus der Rozenstraat,
die haben immer Splitter in der Hand,
sie haben immer ungekämmte Haare,
und sind verbeult, verknubbelt und verschrammt.

Die Kinder aus der Rosenstrasse,
die gehen meist auf nackten Füßen,
und sie sind immer auf der Gasse,
als ob sie nie zum Essen müssen.

Die Kinder aus der Rozenstraat,
ich glaub, die müssen nie ins Bad,
sie dürfen alles, was ich nicht darf.
Ich möcht mal wohnen in der Rozenstraat...

Übersetzung Jaap Hoepelman, Juni 2020

De Kinderen uit de Rozenstraat


Überbevölkerung in der Rozenstraat.


De Rozenstraat (Rosenstrasse - sprich "z" wie deutsch "s") liegt im Jordaan-Viertel, heute ein angesagtes Viertel für Touristen, Feinkostgeschäfte und Künstler, vor 100-150 Jahren ein Viertel der extremsten Armut mit bis 90.000 Einwohnern, eine in sich zusammengefallene Brutstätte von Seuchen aller Art. Sein zu wollen wie die Barfußkinder aus der Rozenstraat war wirklich etwas anderes als sich freuen über einen Hut voller Pflaumen von Herrn Papa...
Unter diesen Umständen war eine nicht gerade brave und obrigkeitshörige Bevölkerungsschicht entstanden. Man hatte eine eigene Kultur und einen eigenen Dialekt. Die Leute kamen oft in Aufstand, das letzte Mal vor dem Krieg, 1934 ausgelöst durch die Weltwirtschaftskrise und von der Armee mal wieder niedergeschlagen. Manchmal muten die Gründe auf den ersten Blick skurril an, wie beim"Aalaufruhr" von 1886. Aus ethisch-ästhetischen Gründen hatte die Obrigkeit den Leuten das grausame Spiel des "Aalziehens" verboten. Diese wollten sich aber eine der wenigen Vergnügungen nicht verbieten lassen und auch dieses Mal  wurde der Aufstand durch die Armee unterdrückt. Es gab an die dreißig Tote.


Aalziehen
Der Aalaufruhr 1887


1947 waren durch Sanierungsarbeiten der Gemeinde die Wohnumstände in einigen anderen  Armenvierteln etwas verbessert worden, aber im Jordaan war man zu der Zeit noch nicht sehr weit gekommen. Hoekstras "Kinder aus der Rozenstraat" nagte also nicht einfach an der Autorität. Es zeigte in kindgerechter Sprache wohlerzogenen Kindern aus wohlanständigen Verhältnissen, dass Kinder aus ganz anderen Umständen sogar beneidenswert sein konnten. Eine doch sehr romantische Vorstellung:

Amsterdam liep behoorlijk achter in de 19e eeuw - YouTube
Der Jordaan: Eine einzige Bruchbude

Land van krotten en knechting - NEMO Kennislink
Keine hübsche Grachten sondern offene Kloaken








Mittwoch, 21. März 2018

Drs. P. und das "Ollekebolleke".


 Afbeeldingsresultaat


Wir haben van de Linde, Hoekstra, Stip und Wilmink bereits als Spaßdichter kennengelernt und diese gloriose Reihe möchte ich jetzt erweitern um Drs. P. . Drs.?? Drs. ist die Abkürzung von doctorandus/a, "der/die noch Doctor werden muss" (Latein, Gerundivum). Es war in den Niederlanden der übliche Titel für das, was jetzt meistens "Master" genannt wird. Der Qualität des akademischen Unterrichts hat dieser Namenswechsel selbstverständlich enorm gut getan. Ehrlich gesagt wurde der Titel "Drs." manchmal belächelt, insbesondere von denjenigen, die es bis zum Dr. geschafft hatten. Die meisten Drs. aber waren mit ihrem Titel zufrieden und verbreiteten sich über Ämter und Ministerien wie Ameisen über einen Kuchen . In "Drs. P." steckt also eine Menge selbstspott. Vornehm, förmlich, korrekt, aber etwas gehemmt. "Drs. P." ist das Pseudonym für Heinz Hermann Polzer (1919-2015), ein Ökonom mit Schweizer Nationalität, Komponist, Liedermacher, Kabarettist, Dichter, Sänger...
Drs. P. war ein etwas hüftsteifer, äußerst förmlicher Mann, dem man ansah, das er gute Zigarren zu schätzen wusste, er sprach Niederländisch mit dem vornehmen Akzent, den man nicht anders als "bekakt" nennen kan (darauf können Sie sich selber einen Reim machen), und der wahrscheinlich ausgestorben ist; er war ein großer Sprachvirtuose, und er war KULT. Es gelingt mir leider meistens nicht, meinen deutschen Bekannten klar zu machen warum, aber vielleicht kann diese Aufnahme von "Todesritt" einiges erklären (aber Achtung! nicht ganz einfach, man müsste sich eigentlich schon eine Weile mit den Gepflogenheiten des kuriosen Nachbarvölkchens beschäftigt haben).

    Drs. P.
 



Drs. P. hat das von ihm so genannte "Ollekebolleke" in die niederländische Literatur eingeführt. Das "Ollekebolleke" ist eine amerikanische Erfindung und heißt dort "Jiggery Pokery", "Higgledy Piggledy" oder "Double Dactyl". "Doppelter Daktylus"... ist ein doppelter Daktylus, wie "Ollekebolleke" im niederländischen Kinderlied. Ein echtes, gutes Ollekebolleke jedoch, unterliegt strengen Vorschriften. Ich könnte sie hier alle aufschreiben, aber diese Post wird schon zu lang. Ich adaptiere hier lieber eins, so dass jeder versuchen kann, die Regeln aus der Form zu destillieren.

Drs. P.

Dagelijks voorstelling!
Wreedheden! Bloedbaden!
Roofdieren! Christenen!
Actie! mimiek!

Ware juweeltjes van
Liefhebberijtoneel
Voor het geachte
Romeinse publiek!


Tägliche Darbietung!
Grausamkeit! Blutlachen!
Raubtiere! Märtyrer!
Tötungsgeschick!

Richtige Perlen von
Amateurschauspielkunst
Plaudite Cives! So
Schön fast wie Krieg!

Jaap Hoepelman März 2018, frei nach Drs. P.

Montag, 28. Juli 2025

Namen im diesem Blog

      Ihr, die hier eintretet,....




Achterberg, Gerrit
Adriaan Roland Holst
Adwaita
Aegidius
Andreus
Ashetu, Bernardo
Bellamy, Jacobus
van Eeden, Frederik

Samstag, 6. Juni 2020

Hieronymus van Alphen. Das niederländische Kinderbuch (für artige Kinder)..



Hiëronymus van Alphen (H.J. Backer, 1836).jpg
Hieronymus van Alphen 
1746-1803

1778 erschien in Utrecht Hieronijmus van Alphens "Proeve van Kleine Gedigten voor Kinderen"  ("Versuch einiger kleinen Gedichte für Kinder"). Van Alphen wollte den Versuch wagen, leichte Gedichte für Kinder in verständlicher Sprache und ansprechender Form anzubieten.
In Deutschland waren Christian Felix Weiße

Christian Felix Weiße 
1726-1804
und Gotlob Burmann ihm mit Gedichten für Kinder vorangegangen, von denen van Alphen sich an einigen Stellen inspirieren ließ. Ganz allgemein hat van Alphen, auch in seinen theoretischen Schriften, viel zum zunehmenden Einfluss der deutschen Literatur in den Niederlanden beigetragen.
Van Alphen war Jurist und avancierte nach einigen Zwischenstationen 1793 zum "thesaurier-generaal" (Finanzminister) der Republik der Vereinten Niederlanden. 1795, nach dem Einzug französischer Truppen und dem Zusammenbruch der Republik trat van Alphen von seinen Ämtern zurück. 
Die "Kleine Gedigten" waren ganz im Stile der neuen, aufgeklärten Pädagogik geschrieben, nach van Alphens Motto "Mein Spielen ist Lernen, Mein Lernen ist Spielen". Sie waren ein sofortiger Erfolg. Ein gewisser niederländischer Utilitarismus war ihnen natürlich nicht fremd. "Dass ich für die Handvoll Pflaumen ungehorsam wäre? Nein.", meint klein Hänschen. Aber unter Umständen könnten einige Aktien und etwas Grundbesitz die Lage ändern.
Das Bändchen wird bis heute in Faksimile herausgegeben. Es war der Anfang der niederländischen Kinderliteratur, die wenigstens zu meiner Zeit blühte und gedieh. In diesem Blog habe ich mich einige Male an Kinder- und Jugendgedichten von bekannten Dichtern versucht, z. B. von Hans Andreus und Paul van Ostaijen. Auch Han G. Hoekstra muss hier erwähnt werden. Ich selber habe die Gedichte von Annie M. G. Schmidt und Willem Wilmink immer besonders gerne gemocht.
Von van Alphen hatten sie sich weit entfernt.


Der Pflaumenbaum
Eine Geschichte
1778


Hieronymus van Alphen
1746-1803


illustratie

Kleiner Hans sah Pflaumen prangen,

O! Sie waren eiergroß.

Scheinbar wollte Hänschen pflücken,

wenn auch Vater es verbot.

Es kommt, sprach er, weder Vater,

noch dem Gärtner zu Gesicht:

Einem Baum, so voll beladen,

fehlen fünf, sechs Pflaumen nicht.

Aber besser, ich gehorche,

pflücke nicht und lass' es sein.

Dass ich für die Handvoll Pflaumen

ungehorsam wäre? Nein.

Fort geht Hänschen: Doch der Vater,

der versteckt gelauschet hat,

trifft ihn beim Spazierengehen

vorne auf dem Mittelpfad.

Komm mein Hänschen, sagt der Vater,

komm mein kleiner Herzensdieb!

Jetzt werd' ich dir Pflaumen pflücken;

jetzt hat Vater Hänschen lieb.

Feste hat Papa geschüttelt,

Hänschen sammelte geschwind;

Hänschens Hut war voller Pflaumen,

im Galopp sprang fort das Kind.

De pruimeboom
Eene vertelling


Und...ach ja, Parodien gab es natürlich reichlich. Hier ist eine von John O'Mill


Kleiner Hans sah Pflaumen prangen
O! Sie waren eiergroß;
Der Gärtner sah die vollen Backen,
Schlug den fiesen Schnorrer tot.


John O'Mill (1915-2005)

Uebersetzungen Jaap Hoepelman
6 Juni 2020.

Freitag, 2. März 2018

Epigramm, pleziervers oder Spaßgedicht.

 Gerelateerde afbeelding


Mit Hoekstra und Wilmink haben wir den geraden, aber schmalen Weg der ernsten Dichtkunst verlassen. Die Sünde schmeckt aber und Dichter die sich dem "pleziervers" (Spaßdichtung, light verse) widmen, hat die niederländische Literatur einige. Im Übrigen kann man auch Gerrit van de Linde problemlos dazu rechnen. Einer der prominentesten war Kees Stip (Cornelis Jan Stip 1913 - 2001), nach dessen Pseudoniem "Trijntje Fop" eine eigene Gattung benannt wurde (vgl. "Limerick"). Das "Trijntje Fop" ist ein Epigramm nach dem Muster: Tiername, Ortsname, in der letzten Zeile eine Pointe. Reimschema: AABBCC. Stip hat davon Hunderte geschrieben und in der Zeitung veröffentlicht. Sprachtechnisch standen sie auf höchstem Niveau, aber fein genug für offizielle Ehrungen war Stips Kunst nicht. Vielleicht weil das englische "light verse" viel vornehmer klingt als "pleziervers", nimmt die Wertschätzung dieser Kunstform in letzter Zeit wieder zu. Immerhin war das Epigramm in der Antike eine hochgeschätzte Dichtform. Wenigstens trägt eine Auszeichnung jetzt Stips Name. Ich habe hier zwei "Trijntje Fops" übersetzt und wer aufmerksam liest, wird entdecken, das manchmal mehr dahinter steckt, als man auf dem ersten Blick vermuten würde.


Kees Stip (1913-2001)


Auf eine Eintagsfliege

Eine Eintagsfliege sprach in Kärlich
"Wie ist der Sonnenaufgang herrlich
und wie wundervoll die Stund
wenn lautlos wird das Sonnenrund
lodernd fort zum Horizont getrieben!
Ach, wär mir noch ein Tag geblieben!"


Übersetzung Jaap Hoepelman März 2018


An eine Made


In Juli ging ein Grüppchen Maden
In Zandvoort in den Wellen baden
Das Cleverle der Kompanie
Sprach: "Leute, spinn' ich oder wie?
Es sind hier Maden mit von der Partie
Die made sind in Germany."

Übersetzung Jaap Hoepelman 2017


(Kees Stip. Lachen in een leeuw. Verzamelde gedichten. Amsterdam 1993.)

Ed Hoornik. Prophetisches.

Pogrom   1938 Pogrom                                                                                                             Ed Hoornik ...