Montag, 15. April 2024

Slauerhoffs Einsamkeit

Jan Jacob Slauerhoff (1898-1936)

In einem früheren Beitrag schrieb ich über Slauerhoff: "Slauerhoff war einer der wichtigsten Dichter, Novellisten und Romanciers in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Als Schiffsarzt fuhr er auf Reisen nach niederländisch Indien, auf der Japan-China-Linie, auf der Holland-Westafrika Linie und auf dem königlich-holländischen Lloyd nach Süd-Amerika. 1934 eröffnete er eine ärztliche Praxis in Tanger, in der Hoffnung, dass der Verbleib in Nord-Afrika seiner schwachen Gesundheit gut tun würde. Es half nichts, 1936 zog er wieder in die Niederlande, wo er wenige Monate später in einem Pflegeheim verstarb.

Slauerhoff wird beschrieben als Poète Maudit, verlassen, nirgends zuhause, zutiefst pessimistisch, von allen ungeliebt, im Streit mit allen, insbesondere den Kollegen-Schriftstellern. Ein schwieriger Mensch, aber der Kapitän eines der Schiffe auf denen er fuhr nannte ihn den besten Kumpel, den ein Seemann haben könnte; "der Schwarze Chor", die Heizer, nannten ihn die beste Pille mit der sie je gefahren wären."
 
Von der Einsamkeit handelt auch das folgende Sonett:


Briefe auf dem Meer


Gelesen werden sie, die Male ungezählt,

Obwohl der Stoff bekannt und abgenutzt.

Das Leben wird in allen Sprachen gleich erzählt,

Die Zeilen nach und nach bis auf die Worte abgelutscht.


Doch wieder aufgefaltet, beim Abendmahl allein,

Nachts auf der Wache, in der Koje, bei der Beladung,

Er, der verbeißt das ständige Alleinsein, 

Findet in den Buchstaben noch Nahrung.


Zwischen liebster und dich liebende, das was er

Liest bleibt gleich, Kinder, Haus, Dorf und Insel, allein  

Bei Heirat, Geburt und Tod ändert sich die Leier


Nach vielen Reisen ist's als ob ein Schleier

Alles Bekannte an Land umhüllt, man ist allein,

Gehört zum Schiff und bleibt beim Wasser.


J. J. Slauerhoff (1898-1936)

Übersetzung Jaap Hoepelman April 2024

Brieven op zee

Aus: Een eerlijk zeemansgraf (A.A.M. Stols, Rijswijk 1941)

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