Der Selbstmord war ein beliebtes Thema in der Romantik, so auch bei Paaltjens. Sogar der doppelte Selbstmord, besonders gerne in Verbindung mit verschmähter Liebe, wie im Blog vom 27.01.2018.
Auch im nächsten Gesang geht es um den Suizid. Aber wo ist die verschmähte Liebe? Wo ist die Geliebte und wer ist sie? Fragen über Fragen, aber bei genauerem Hinsehen werden alle Fragen beantwortet.
Der Selbstmörder
Es war dunkel im Wald
- Zudem Herbst und sehr kalt -
Und ein Herr irrt' umher ganz alleene.
Ach sein Blick war so so stumpf!
Seine Kleider zerlumpt!
Und er mahlte und knirschte die Zähne.
„Ha!“ so rief er erregt,
„Hab' 'ne Natter gehegt,
„Nein, schlimmer, an der Brust hier ein Untier!“
Und er schlug sich ans Paletot
Und in den Matsch trat er so,
Dass es spritzte ihm an den Hals schier.
Und jetzt suchte sein Blick
Einen Eichenast, dick
Genug um den Körper zu tragen.
Danach, mit Geschick,
Knüpfte er einen Strick
Und kein Schlick spritzte mehr bis zum Kragen.
Es ward still nun im Wald
Und noch zehnmal so kalt,
Denn der Winter kam näher und näher.
Und inzwischen am Ast
Ganz entspannt, ohne Hast,
Hing der Herr, zum Erstaunen der Häher.
Und der Winter ging hin
Denn der Frühling erschien
Daraufhin war der Sommer gekommen.
Zu der Zeit – es war warm –
Ging ein Paar Arm in Arm
Durch den Wald. Und ihm wurde der Atem genommen!
Als sie gingen, ganz zärtlich,
Dachte kosend das Paar sich,
Dass unter dem Baum wär' gut knutschen.
Und genau zu der Zeit
War ein Stiefel bereit
Vom gehangenen Schenkel zu rutschen.
„Ach du gütiger Himmel! Woher
Kommt denn der Stiefel?“ so
Starrte das Pärchen empor.
Und es sah mit Entsetzen
Diesen Herrn; aus zerschlissenen Fetzen
Stach bleich ein Gerippe hervor.
Auf dem grinsenden Kopf
Stand der Hut wie ein Topf,
Denn es fehlte der Rand. Alles Linnen
War zerfressen und grau,
Durch ein Loch schau-
ten Käfer und Würmer und Spinnen.
Seine Uhr stand längst still,
Und ein Glas seiner Brill'
War zerbrochen, das and're beschlagen.
Und am Kamm seines Beckens
befand sich 'ne Schnecke,
Eine schleimige Schnecke, und nagte.
Doch die Lust sich zu lieben
war auf ein Mal vertrieben
Nicht ein Sterbenswort sprachen die beiden.
Und vor Schreck kreidebleich
Sah das Paar geistergleich
Aus wie Laken gebleicht auf der Weide.
Piet Paaltjens 1852
zelfmoordenaar
(Übers. Jaap Hoepelman April 2017)