Dienstag, 12. Februar 2019

Pol de Mont. Die Anerkennung der flämischen Literatur.

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Pol de Mont
1857 - 1931

Pol de Mont spielte eine wichtige Rolle im mühsamen Prozess der Anerkennung der flämischen (bzw. niederländischen) Sprache im Königreich Belgien.
Schon als Student war er aktiv in einer Reihe von Studentenbewegungen, veröffentlichte verschiedene Gedichtsammlungen und bekam 1880, mit 23, den Staatspreis für flämische Literatur.
Wie die Bewegung der Achtziger in den Niederlanden, half er mit, die flämische Literatur in Belgien aus der Erstarrung des 19. Jahrhunderts zu befreien. Er gründete verschiedene Zeitschriften in denen er Aufsätze über Literatur, Kunst und Völkerkunde veröffentlichte.
1904 wurde er als Konservator des Museums für schöne Künste in Antwerpen
ernannt, wo er wichtige Erneuerungen durchführte. 1882 wurde er Lehrer am Athenaeum in Antwerpen, wo Alfons de Ridder (Willem Elsschot) zu seinen Schülern gehörte. 1882 - 1886 war er Mitglied des Antwerpener Provinzrats.
1905 hatte de Mont, der Krieg war noch weit weg, in Dresden einen Vortrag über die flämische Bewegung gehalten und sich dabei für den Pangermanismus ausgesprochen. Diese und vergleichbare Strömungen konnten keine gute Grundlage für die Entwicklung einer eigenständigen flämischen Kultur sein. Nach 1914 versuchte die deutsche Besatzung, die Gegensätze zwischen Flamen und Wallonen zu verschärfen. Unter den Flamen entstand eine Spaltung zwischen "Aktivisten", denjenigen, die es aktiv darauf anlegten, die flämische Eigenständigkeit mit Hilfe deutscher Maßnahmen zu erreichen, und den "Passivisten", denjenigen die unter diesen Umständen lieber auf die Eigenständigkeit  verzichteten, und zum Teil lieber in die Niederlande flüchteten (im Übrigen flüchteten ungefähr 1 Million Belgier - Flamen sowohl als Wallonen - in die Niederlande). Obwohl de Mont auf Grund seiner Ideale vielleicht eher zu den "Aktivisten" gerechnet werden konnte, verzichtete er auf einen Lehrstuhl an der Universität Gent, als diese, auf deutsche Anordnung, vollständig auf Niederländisch umgestellt wurde. Trotzdem wurde de Mont, nach Ende des Krieges heftig als "Aktivist" angegriffen, worauf er erbittert in die Niederlande zog.
Er blieb kulturell aktiv und gründete die auf flämische Interessen gerichtete Zeitschrift "de Schelde" an der auch Paul van Ostaijen und die Dichterin Alice Nahon mitarbeiteten.
Mit den neuen literarischen Entwicklungen konnte de Mont nicht mithalten, aber in seiner letzten Sammlung, "Zomervlammen" ("Sommerflammen") veröffentlichte
er auf einmal schnörkellose, sehr ansprechende Gedichte, wie das folgende, reimlose "Steineklopfer", das in seinen Schlusszeilen an ein Haiku erinnert:


Der Steineklopfer

Der Sack auf dem gekrümmten Rücken, die Kleider
aus der Naht, zerrissen, Haare weder Bart gekämmt
steht, neben einem Haufen Steine, in der prallen Sonne,
ein Mann, steinalt. Mit strammen Händen schwingt er
den Eisenhammer, der mit dumpfem Schlag
schlägt auf den Brocken, dass die Funkensplitter
fliegen. Mit dem Ärmel wischt
der Greis den Schweiß, der glänzt auf seiner Stirn,
und schuftet unentwegt, mit dumpfem Schlag auf Schlag,
die groben Klötze, Trumm um Trumm zermalmend.
Und hörbar klinkt, bei jedem Schwung der Hand,
ein rauer Klang, - das Röcheln eines Sterbenden -,
aus dem Hals des Alten, von keinem Schluck gelabt...

Hoch oben, auf den Bergen, über Fels und Menschen,
entwächst der Kerbe, reif und gelb, die Traube an der Rebe.

aus: Zomervlammen
A.W. Sijthoff, Leiden 1922


Übersetzung Jaap Hoepelman Februar 2019

Freitag, 8. Februar 2019

Lucebert. Die Schönheit hat ihr Gesicht verbrannt.

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                                                                                                                   Lucebert (1924-1994)


ich versuche auf poetische weise
will sagen
die erleuchteten gewässer der einfalt
den raum des vollständigen lebens
zum ausdruck zu bringen
wäre ich kein mensch gewesen
wie viele menschen
sondern wäre ich der ich war
der steinerne oder flüssige engel
geburt und verwesung hätten mich nicht berührt
der weg von verlassenheit zur gemeinschaft
der steine steine tiere tiere vögel vögel weg
wäre nicht so verdreckt
wie jetzt zu sehen an meinen gedichten
momentaufnahmen dieses weges
in dieser zeit hat was man immer nannte
schönheit schönheit ihr gesicht verbrannt
sie tröstet nicht mehr die menschen
sie tröstet die larven die reptilien die ratten
doch den menschen erschreckt sie
und trifft ihn mit der gewissheit
ein brotkrumen zu sein auf dem rock des universums
nicht mehr nur das böse
der todesstoß macht uns aufsässig oder demütig
sondern auch das gute
die umarmung lässt uns verzweifelt am raum
herum schrauben

ich habe darum die sprache
in ihrer schönheit besucht
hörte dort dass sie nichts mehr menschliches hat
als die sprachfehler des schattens
als die des ohrenbetäubenden sonnenlichts


Lucebert (1924-1994)
aus: apocrief / de analphabetische naam (1952)

ik tracht

Übersetzung Jaap Hoepelman Februar 2019


Hans Lodeizen. Der Perk der Fünfziger...?

Hans Lodeizen 1924 - 1950 Hans Lodeizen war der Sohn des Präsident-Direktors der Rotterdamer Reederei Müller&Co* und war als solcher...