Donnerstag, 25. Januar 2018

Emanzipation und praktischer Sinn im Mittelalter


 Afbeeldingsresultaat voor heer halewijn


 Ich sagte schon, dass die Dichtung in den Niederlanden (wenn ich ab jetzt "Niederlande" schreibe, meine ich Belgien, insbes. Flandern und die Niederlande im heutigen Sinne, also zusammen die "Niederen Lande", aber wer sagt das noch) häufig eine gewisse Nüchternheit ausstrahlt. Auch schon im Mittelalter, wohin wir jetzt zurückkehren. Für die Ballade "Herr Halewein"  braucht man einen etwas längeren Atem, aber dafür lernt man, dass die Emanzipation schon im dreizehnten Jahrhundert voranschritt. Aus den letzten Zeilen der Ballade geht hervor, dass die Niederländer schon damals einen Sinn für praktische Lösungen hatten.


Herr Halewein


Herr Halewein sang ein Liedekein
Jede, die es hörte wollt' bei ihm sein

Des Königs Tochter hört' das Lied
Sie war so schön und so beliebt

Vor ihrem Vater stellt sie sich
"Zum Halewein, Vater, lässt du mich?"

"Ach nein, du Tochter, nein, du nicht:
Denn gehst du hin, du kehrest nicht"

Vor ihrer Mutter stellt sie sich
"Zum Halewein, Mutter, lässt du mich?"

"Ach nein, du Tochter, nein, du nicht:
Denn gehst du hin, du kehrest nicht"

Vor ihrer Schwester stellt sie sich
"Zum Halewein, Schwester, lässt du mich?"

"Ach nein, du Schwester, nein, du nicht:
Denn gehst du hin, du kehrest nicht"

Vor ihrem Bruder stellt sie sich
"Zum Halewein, Bruder, lässt du mich?"

"Es ist mir gleich wohin du gehst
Wenn du wohl die Ehre hegst
Und die Krone mit Würden trägst!"

In ihrem Zimmer zog sodann,
Sie ihre besten Kleider an

Was trug sie an ihrem Leibe?
Ein Hemdchen feiner als Seide

Was zog sie an? Ein Leibchen steif,
mit goldenen Bändern fest umreift

Was zog sie an? Den roten Rock
An jeder Naht ein güldner Knopf

Was zog sie an? Ein Überkleid:
Perle an Perle aufgereiht.

Was stellte sie auf den blonden Schopf?
Schwer wog die Krone auf ihrem Kopf

Dann ging sie in des Vaters Stall
Und wählte das beste Ross von all

Im Sattel sitzend wie ein Mann,
Ritt sie im Walde mit Sang und Klang.

Und im allertiefsten Tann,
Fand sie Halewein sodann.

Er band sein Pferd an einen Stamm,
Die Maid war voller Angst und Scham.

"Grüß dich, sprach er, du schöne Maid,
Grüß dich, sprach er, Braunauge klar,
Komm, setz dich hin, entbind dein Haar."

So entband sie manches Strähnchen
So kam geflossen manches Tränchen

Sie ritten mit einander fort
Und unterwegs fiel manches Wort.

Sie kamen an einem Galgenfeld;
Manch Weibsbild war dort aufgehängt.

Dann hat Herr Halewein gemeint:
"Weil Ihr die schönste Jungfer seit
Wählt Ihren Tod! noch habt Ihr Zeit"

"Nun, wenn ich denn hier wählen werd',
So wähle ich den Tod durchs Schwert,

"Zuerst zieht aus das Oberkleid
Denn Jungfernblut, das spritzt so weit,
Sie zu bespritzen tät mir leid.“

Das Kleid kaum ausgezogen war,
Lag schon der Kopf vor den Füßen dar;
Die Zunge noch diese Worte sprach:

"Geht weiter drüben ins Korn,
Blast dort auf meinem Horn,
Dass all meine Freunde es hören!"

"Ich werde nicht gehen in dein Korn,
Noch werde ich blasen in dein Horn"

"Geht hinüber zum Galgen
holt mir den Topf mit Salbe
Streicht das auf meinen roten Hals!"

"Unter den Galgen geh' ich nicht,
Den roten Hals bestreich' ich nicht,
Den Rat des Mörders tu' ich nicht."

Sie nahm den Kopf beim langen Haar,
und wusch ihn in dem Brunnen klar.

Im Sattel sitzend wie ein Mann,
Ritt sie im Wald mit Sang und Klang

Und als sie war auf halbem Wege
Kam Haleweins Mutter ihr entgegen:
"Jungfer bist du meinem Sohn begegnet?"

"Ihr Sohn, Herr Halewein, ist beim Jagen,
Und kommt nicht wieder in Ihren Tagen.

Ihr Sohn, Herr Halewein, ist tot
Ich hab' den Kopf auf meinem Schoß
Vom Blut ist meine Schürze Rot."

Sie kam beim Tor des Vaters an,
Und blies das Horn so wie ein Mann

Und als ihr Vater das vernahm,
Freute er sich, dass sie wieder kam,

Dann gab es einen großen Schmaus,
Den Kopf stellte man auf der Tafel aus.

Übers. Jaap Hoepelman Januar 2018

Halewijn     

                              

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